Anfang des Jahres durfte der Reiter Sven Schlüsselburg von Olympia träumen. Doch kurz vor dem Start in die Saison erlebte er im Frühjahr durch ein heimtückisches Virus einen Alptraum, an dessen Ende elf Pferde aus seinem Stall gestorben waren.
Für den 39-Jährigen war es «die schlimmste Zeit in meinem Leben», wie er es im «Reiterjournal» ausdrückte. Jetzt versucht Schlüsselburg einen Neustart in den Sport.
Ohne es zu ahnen, brachte Schlüsselburg die tödliche Gefahr von einem Turnier in Spanien mit auf die heimische Anlage in Ilsfeld im Landkreis Heilbronn. «Die Pferde waren schon zehn Tage zuhause, als die ersten Meldungen über die Herpes-Fälle zu lesen waren», berichtete Schlüsselburg, der zu diesem Zeitpunkt bereits mit seinen beiden besten Pferden in Doha angekommen war. «Ich stand kurz vor einem der wichtigsten Turniere meiner Laufbahn.» Die Veranstaltung in Katar sollte für das Mitglied des Perspektivkaders der Start in die Olympia-Saison sein.
«Es war schrecklich»
Doch daheim begann ein mehrwöchiges Drama, ein Kampf gegen das Herpes-Virus auf Leben und Tod. «Es war schrecklich, wir haben ständig telefoniert», berichtete er. «Meine Frau Romina hat mir immer neue Schreckensnachrichten mitteilen müssen. Welches Pferd jetzt wieder krank ist und welches eingegangen ist.»
Nach der Rückkehr aus Doha, wo seine beiden Topferde zunächst in Quarantäne blieben, kämpfte Schlüsselburg gemeinsam mit der Familie und den Mitarbeitern um die Pferde und um die Existenz. Es sind «Wochen der Schlaflosigkeit und der Verzweiflung», wie er es in der «Heilbronner Stimme» ausdrückte.
«Das muss man sich mal vorstellen, aus einem Turnierstall wird von heute auf morgen ein Lazarett», sagte Schlüsselburg. «Keine Einnahmen mehr, aber viel höhere Ausgaben. Das hat unseren Stall auch wirtschaftlich sehr hart getroffen.»
Normalität kommt nur langsam zurück
Nur langsam kehrte nach den Wochen des Schreckens so etwas wie Normalität ein. Schlüsselburg ritt zunächst bei einem kleineren Turnier und inzwischen bei zwei Veranstaltungen der Global Champions Tour. Mit mehreren Monaten Verspätung begann für den Spätstarter im internationalen Spitzensport die Saison, bei der er sich mit seinem Toppferd Bud Spencer für die Olympischen Spiele empfehlen wollte.
«Das war natürlich ein Schicksalsschlag, da kann man das Wort tragisch wirklich benutzen», sagte Dennis Peiler, Sportchef bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung. «Das war eine unheimlich schwere Zeit für die ganze Familie, für den ganzen Stall. Wir haben versucht, soweit es ging, zu helfen und zu beraten.»
Bundestrainer Otto Becker sagte: «Er muss sich erstmal von alldem erholen.» Sportlich habe der Reiter «jetzt Nachholbedarf». Schlüsselburg und sein Bud Spencer gehörten für Becker seit guten Runden im Nationalteam und dem achten Platz im Großen Preis des CHIO in Aachen 2019 zum Kreis der Olympia-Kandidaten. Jetzt gilt aber: «Wir lassen ihn erstmal in Ruhe. Wir wollen ihn nicht unter Druck setzen.»
Der Reiter selber will «sehr zielstrebig bleiben und dort wieder einsteigen, wo ich aussteigen musste.» Seine Pferde seien «gesund und ausgeruht», sagte Schlüsselburg: «Ich schau‘ mal, was dann noch geht.»
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