In der Krise beim Deutschen Olympischen Sportbund stellen Verbandschef Alfons Hörmann und das weitere Präsidium kurz nach den Sommerspielen und Paralympics in Tokio in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Vertrauensfrage.
Diese Konsequenz aus den schweren Vorwürfen aus dem Mitarbeiterkreis gegen die Führung des Dachverbandes teilte der DOSB nach dreitägigen Beratungen mit. Die Paralympics enden am 5. September. Zuvor hatte die Ethikkommission nach Prüfung der Anschuldigungen eine vorgezogene Abstimmung der Mitglieder über die gewählte DOSB-Führung gefordert.
Kritik an der Amtsführung von Hörmann
Sollten die Mitglieder dem Präsidium das Vertrauen entziehen, könnte es vorgezogene Neuwahlen geben. Turnusgemäß stünden erst auf der Mitgliederversammlung 2022 Wahlen auf der Tagesordnung. Der aus Bayern stammende Wirtschaftsmanager Hörmann ist seit Dezember 2013 Chef des DOSB. In den vergangenen Jahren hatte es mehrfach Kritik an seiner Amtsführung gegeben.
Man sei sich «der besonderen Verantwortung für den deutschen Sport, den DOSB und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst», sagte Hörmann zur der Entscheidung für die Vertrauensabstimmung. Diese fiel nicht einstimmig aus, Athletenvertreter Jonathan Koch trug den Beschluss nicht mit.
Ausgelöst worden war der jüngste Hauskrach beim DOSB Anfang Mai durch ein anonym versendetes Schreiben aus dem Mitarbeiterkreis. Der Brief enthielt schwere Anschuldigungen gegen Hörmann und die Spitze des Verbandes. Die Rede war von einem «Klima der Angst» in der DOSB-Zentrale in Frankfurt am Main. Hörmann wurde psychischer Druck auf Mitarbeiter und ein laxer Umgang mit Corona-Vorschriften vorgeworfen.
Rücktrittsforderungen
Präsidium und Vorstand hatten sich eilig hinter den Verbandschef gestellt und ihm das Vertrauen ausgesprochen. Athletenvertreter Koch hatte sich indes von der Erklärung distanziert. Hörmann selbst versprach, die Vorwürfe «offen und transparent» aufklären zu wollen und zeigte sich betroffen. Der 60-Jährige kündigte an, «ein anderes Klima im DOSB schaffen» zu wollen.
Kritik an der DOSB-Spitze und an Hörmann kam auch aus einigen Landessportbünden, dies ging sogar bis hin zu Rücktrittsforderungen. Angesichts des großen Drucks schaltete die Verbandsführung die Ethikkommission um den früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein.
Das Gremium ging nach Anhörungen und Prüfung zahlreicher eingesendeter Stellungnahmen hart mit den Spitzenfunktionären ins Gericht. «Es gibt zu viel Selbstbespiegelung, Demotivation und Gerüchte, Unzufriedenheit und Unklarheit», wird im Report festgestellt. Angesichts des fehlenden Vertrauens könne es im deutschen Sport «in dieser Art nicht weitergehen». Vorstandschefin Veronika Rücker versprach: «Wir werden in den nächsten Wochen auf das gesamte DOSB-Team aktiv zugehen, zuhören und gemeinsam Verbesserungen umsetzen.»
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