2. Mai 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Thomas Bach wird 70: Keine Party, aber große Pläne

Der IOC-Boss ist seit zehn Jahren der mächtigste Mensch im Weltsport und könnte das noch eine Weile bleiben. Die Kritik vor allem aus seiner Heimat ändert an seiner Machtposition kaum etwas.

Oft genug genießt Thomas Bach den großen Auftritt, doch zu seinem 70. Geburtstag verzichtet der Herr der Ringe auf viel Tamtam.

Nur mit seiner Frau und seiner 97-jährigen Schwiegermutter möchte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees im privaten Kreis anstoßen. Dazu hat er als Ehrenbürger einem kleinen Empfang nur mit Einwohnern der Stadt Tauberbischofsheim zugestimmt. Eine Party wie zu seinen runden Geburtstagen zuvor wird es am Freitag aber ganz bewusst nicht geben. «Nach meinem Empfinden passt eine solche große Feier nicht in diese Zeit», sagte Bach im Interview der «Welt am Sonntag».

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, der Gaza-Krieg, die weltweiten politischen Spannungen und Konflikte, dazu die drohende Klima-Katastrophe – all das hat natürlich auch massive Auswirkungen auf den Sport. Als unpolitisch bezeichnet Bach den Sport deswegen schon lange nicht mehr, «aber er muss politisch neutral sein», wie er betont. Auch wegen dieser Prämisse dürfen im kommenden Jahr bei den Olympischen Spielen in Paris Russen und Belarussen unter bestimmten Auflagen als neutrale Athleten auf die große Weltbühne des Sports zurückkehren.

Mehr als 40 Jahre Sportfunktionär

Zufrieden sind damit weder die Ukrainer noch die Russen. Oft trifft ihr Zorn direkt den IOC-Chef, den das aber nach eigener Aussage kaltlässt, «denn das ist die pure politische Kriegspropaganda, die sich selbst entlarvt». Die Kritik wertet er gar als positives Zeichen, dass er und seine Mitstreiter «offensichtlich einen guten Mittelweg gefunden» hätten.

Deutungshoheiten bestimmen, Kritik aushalten, Stimmungen ausloten, Kompromisse finden, Lobbyarbeit betreiben – mit seinen mehr als 40 Jahren als Sportfunktionär weiß Bach ganz genau, wie man sich im verworrenen Netz der Sportpolitik nicht verfängt. Schon zu seiner aktiven Zeit hat der Team-Olympiasieger von 1976 als Aktivensprecher beim Deutschen Fechter-Bund erste sportpolitische Erfahrungen gesammelt, die er später unter anderem beim Deutschen Olympischen Sportbund, IOC und Internationalen Sportgerichtshof ausbaute.

Bis 2013 hatte sich das ehemalige FDP-Mitglied ein großes Netzwerk aufgebaut, das seinen Aufstieg zur mächtigsten Person im Sport ermöglichte. Nach seiner Wiederwahl 2021 ist seine Amtszeit eigentlich bis 2025 begrenzt, laut Olympischer Charta kann Bach nicht erneut kandidieren. Die Zwölf-Jahre-Regel war als Konsequenz aus dem Korruptionsskandal um die Bewerbung von Salt Lake City für 2002 eingeführt worden.

Doch bei der jüngsten IOC-Session im Oktober im indischen Mumbai hätten mehrere Mitglieder den Wunsch geäußert, er möge für eine weitere Amtszeit an der Spitze des Dachverbandes bleiben, sagte Bach. Er verhalte sich gegenüber der Olympischen Charta loyal, vertiefe aber auch die Gespräche mit jenen Mitgliedern. Der Zuspruch sei «sogar noch gewachsen», betonte Bach: «Übrigens ist es mir menschlich gesehen so herum viel lieber, als wenn alle den Tag nicht erwarten können, wenn der Alte dann endlich weg ist.»

Kritik lässt Bach kalt

Sollte Bach eine weitere Amtszeit anstreben, wären die Satzungsänderung der Charta und die Wiederwahl wohl keine großen Hürden. Eine wirkliche Opposition gibt es innerhalb des IOC nicht, auch der DOSB befindet sich angesichts eigener Olympia-Pläne längst nicht mehr auf Konfrontationskurs. «Thomas Bach hat das Internationale Olympische Komitee und die olympische Bewegung reformiert und inhaltlich wie wirtschaftlich zukunftsfähig gemacht», sagte kürzlich DOSB-Präsident Thomas Weikert der Deutschen Presse-Agentur.

Kritik wie die des Diskus-Olympiasiegers Robert Harting am seiner Meinung nach mangelhaften Anti-Doping-Kampf des IOC («Ich schäme mich für Thomas Bach») oder des ehemaligen Ski-Stars Felix Neureuther wegen der Vergabe der Winterspiele 2022 ins autoritär regierte China («Bach hat sich dem chinesischen System gebeugt») haben so gut wie keinen Einfluss auf Bachs Machtposition. «Es ist natürlich nicht schön, wenn man gerade in seinem Heimatland so betrachtet wird in manchen Teilen», sagte Bach, der aber auch das pragmatisch sieht: «Ich habe festgestellt, wenn man das eine oder andere nicht liest aus Deutschland, dreht sich die Welt dennoch weiter.»

Am Jahresende sowieso. Für die Festtage habe er sich «etwas Ruhe mit viel Sporttreiben» vorgenommen, für seinen runden Geburtstag vor allem Gelassenheit. «Ich habe schon beim 60. Geburtstag festgestellt, dass es nicht weh tut, und gehe davon aus, dass es mit dem 70. nicht anders sein wird.»

Von Jörg Soldwisch, dpa