Ist das schon Joachim Löws EM-Elf? Diese Frage drängte sich natürlich nach dem von 1000 Zuschauern beklatschten 7:1 (5:0) der Fußball-Nationalmannschaft im Trainings-Länderspiel gegen Lettland auf.
Aber eine Woche vor dem EM-Knallstart gegen Weltmeister Frankreich mochte der Bundestrainer sie nicht mit «Ja» antworten. «Es ist wichtig, dass der Konkurrenzkampf oben bleibt», sagte Löw. Zur Aufstellung beim ersten Gruppenspiel am 15. Juni in München bemerkte er aber schon: «Natürlich werden die meisten Spieler auf dem Platz stehen.» Schließlich konnte diese Elf für sich werben, auch wenn der Weltranlisten-138. Lettland sportlich kein EM-Maßstab war.
«Natürlich wissen wir, dass Frankreich eine andere Hausnummer ist», sagte Thomas Müller. Nach seinem Tor-Comeback im Nationaltrikot äußerte der Rückkehrer mit Blick auf das Endspiel am 11. Juli launig: «Wir haben uns bis Mitte Juli den Kalender freigehalten.»
Zunächst aber steht die Gruppenphase bevor – und die wird mit Topfavorit Frankreich, Titelverteidiger Portugal und Außenseiter Ungarn schwierig genug. Doch das Lettland-Spiel zeigte, dass Löws Team Lust auf diese EM hat und gemeinsam etwas bewegen will.
«Wir vertrauen einander und freuen uns auf das Turnier, auch wenn es nicht leicht wird», sagte Kapitän Manuel Neuer nach seinem 100. Länderspiel: «Ich habe ein gutes Gefühl.» Der Teamsenior (35) sagt solche Sätze nicht einfach so dahin. Neuer steht vor seinem sechsten großen Turnier, er kennt sich aus. Für den Torwart war es ein besonderer Abend, an dem ihn nur das unnötige, aber zugleich auch unhaltbare Gegentor von Aleksejs Saveljevs ärgern musste. «Es ist unglaublich für mich, dass ich jetzt dreistellig bin», sagte Neuer.
Löw gefiel ebenfalls vieles, was er sah. Die Lerninhalte des Trainingslagers in Seefeld wurden umgesetzt. Die Torausbeute passte auch – endlich. «Die Effizienz war gut in diesem Spiel», sagte Löw. Robin Gosens, Ilkay Gündogan, Thomas Müller, Serge Gnabry sowie die eingewechselten Timo Werner und Leroy Sané trafen.
Dazu kam ein Eigentor von Torwart Roberts Ozols nach einem scharfen Schuss von Kai Havertz. Der Champions-League-Finalheld des FC Chelsea legte 45 starke Minuten hin und empfahl sich nachhaltig als dritter Mann in der offensive neben den Bayern Müller und Gnabry. «Die Drei vorne waren gut abgestimmt», lobte Löw. Vor Neuer ist zudem die Dreierabwehrkette mit Ginter, Hummels und Rüdiger fix.
Bleibt das Mittelfeld. Dort steht Löw vor einer Schlüsselfrage. Er verschob als Test seinen eigentlich besten Sechser Joshua Kimmich gegen die Letten mal wieder nach rechts und besetzte das Zentrum mit dem defensiv nicht so aggressiven Duo Kroos und Gündogan. Auch gegen Frankreich? Löw will die Tage nach dem Einzug in das EM-Quartier in Herzogenaurach an diesem Dienstag zur Feinabstimmung nutzen. «Jetzt fängt die Arbeit nochmal richtig an», sagte er mit Blick auf die noch verbleibende Vorbereitungswoche auf den Turnier-Ernstfall.
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