2. Mai 2024

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Holzmedaillen, weniger Müll: Nachhaltigere Marathons?

Die großen deutschen Stadt-Marathons tun längst etwas für die Umwelt. Doch in Berlin sorgen vor dem Marathon-Wochenende Aktionen von Klima-Aktivisten für Unruhe.

Die ungeliebte Holzmedaille steht im Leistungssport als Synonym für verpasstes Edelmetall. Der Köln-Marathon dagegen wirbt damit, dass am 1. Oktober alle, die das Ziel erreichen, eine Medaille aus Erlenholz als Auszeichnung erhalten. Die Veranstalter erklären, dass der Verzicht auf südafrikanisches Zinkmetall 21 Tonnen CO2-Emissionen einspare.

Die Organisatoren der großen Stadt-Marathons in Deutschland bemühen sich schon länger um Nachhaltigkeit bei ihren Veranstaltungen. Und doch schwebt über dem Berlin-Marathon an diesem Wochenende auch die Frage, ob Klima-Aktivisten den größten deutschen Stadtlauf zu einem Protest nutzen könnten. Mitglieder der Letzten Generation hatten das Brandenburger Tor, in dessen unmittelbarer Nähe sich nach 42,195 Kilometern das Ziel befindet, am vergangenen Sonntag mit oranger Farbe besprüht. In den Tagen danach blockierten Mitglieder der Gruppe Straßen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne man keine Angaben dazu machen, hieß es zuletzt von der Gruppe auf die Frage, ob die Marathon-Veranstaltungen am Wochenende auch Ziel von Klimaprotesten würden. Der London-Marathon hatte in diesem Jahr mit der Gruppe Extinction Rebellion eine Vereinbarung getroffen, in der die Aktivisten zusicherten, auf Störungen zu verzichten und die Bemühungen um Klimaschutz anerkannten.

Weltrekordhalter dabei

«Wir können nur appellieren. Ich glaube, dass wir schon sehr, sehr viel machen für die Umwelt», sagte Geschäftsführer Jürgen Lock vom Veranstalter SCC Events in einer Medienrunde. «Aufmerksamkeit zu erregen, ist der falsche Weg an dem Tag.» Bilder vom Rennen mit dem viermaligen Sieger und Weltrekordhalter Eliud Kipchoge aus Kenia werden am Sonntag (9.15 Uhr/Eurosport) in alle Welt übertragen, bereits am Samstag findet der weltweit bedeutendste Marathon für die Inline-Skater in der Hauptstadt statt.

Für die 49. Auflage zu Fuß liegt die Rekordzahl von 47.912 Meldungen aus 156 Ländern vor, dazu kommen 95 Handbiker und 61 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rollstuhl. Mehr als 4500 Menschen wollen auf Inlinern dabei sein, etwa 8500 Kinder beim Mini-Marathon. Das sind insgesamt mehr als 60.000 gemeldete Teilnehmende, von denen eine erhebliche Zahl aus dem In- und Ausland nach Berlin anreisen muss, mit Bahn, Auto und Flugzeug.

«Das brauchen wir nicht wegzuwischen», sagte Lock und verwies andererseits auf vielfältige Bemühungen. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dürfen mit ihrer Startnummer das gesamte Wochenende über den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Becher werden eingesammelt und recycelt, grundsätzlich wird zur Müllvermeidung aufgerufen. Nicht mehr gebrauchte Schuhe in noch gutem Zustand sollen bei der Berliner Stadtmission für Bedürftige gespendet werden.

Spenden-Aufruf

Der Veranstalter kauft CO2-Zertifikate und ruft bei der Anmeldung zu Spenden dafür auf. Gern würde Geschäftsführer Lock künftig Solar-Panels auf öffentlichen Gebäuden installieren und diese auch mitfinanzieren, damit die Veranstaltungen mit eigenem Strom versorgt werden können.

Auch einen eigenen Nachhaltigkeitsmanager gibt es inzwischen bei SCC Events. «Wir möchten Branchen-Vorreiter sein», sagte Michael Fuchs. Er erklärte, dass man sich gemäß ISO-Norm 20121 als nachhaltiger Veranstalter zertifizieren lassen möchte – nicht nur nach Umweltaspekten, sondern auch mit Blick auf soziale und ökonomische Bemühungen. Alle Werte sollen auch im eigenen Unternehmen gelebt werden.

Letztlich aber bleibt die Feststellung von Lock, die erst recht nach dem Ende der Corona-Pandemie nicht nur auf den Marathon-Tourismus zutrifft: «Die Leute werden weiter reisen und fliegen.» Und: Namenssponsor des Marathons ist auch in diesem Jahr der Autohersteller BMW.

Von Robert Semmler, dpa