29. März 2024

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Gündogan will Champions-League-Frust verarbeiten

Kurz vor der EM verliert er das Champions-League-Finale. Und aus dem letzten Nationen-Turnier bleibt eine große persönliche Enttäuschung. Das aber soll Ilkay Gündogan bei der EM keinesfalls mehr belasten.

Mit der jüngsten sportlichen Enttäuschung und den düsteren Erinnerungen an die WM 2018 will sich Ilkay Gündogan gar nicht mehr beschäftigen. «Das Schöne am Fußball», hob der erfahrene Profi von Manchester City hervor, sei: «Es geht gleich weiter.»

Auch wenn das 0:1 im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea noch kräftig an ihm nagt. «Es ist, ehrlich gesagt, nicht leicht», sagte der 30-Jährige im EM-Basiscamp der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. «Man arbeitet ein Jahr darauf hin, ich persönlich habe acht Jahre darauf hingearbeitet.» Doch wie 2013, als Torschütze Gündogan mit Borussia Dortmund 1:2 gegen den FC Bayern München unterlag, ging auch das Königsklassen-Finale 2021 für ihn verloren.

Bei der EURO will er nun zusammen mit den Endspielsiegern Kai Havertz, Timo Werner und Antonio Rüdiger vom FC Chelsea Deutschland am liebsten ein neues Fußball-Sommermärchen bescheren. Vor drei Jahren in Russland gab es für den in Gelsenkirchen geborenen Profi mit türkischen Wurzeln vor allem eines: Frust. Ein Foto zusammen mit Teamkollege Mesut Özil und dem umstrittenen türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan sorgte damals Unverständnis, Aufregung und eine belastete Stimmung im DFB-Team. Gündogan, der sich anders als Özil öffentlich zu der umstrittenen Aufnahme äußerte, wurde vom Zorn der deutschen Fans förmlich gelähmt.

«Es bleibt nichts weiter übrig»

Jetzt will er das neue Turnier mit positiver Energie angehen und sogar den Schwung seiner Finalbezwinger mit nutzen. «Es bleibt nichts weiter übrig, als mich auf eine andere Aufgabe zu fokussieren und zu versuchen, die nächsten Spiele nicht zu verlieren.» Und vielleicht könne die Nationalmannschaft von der «breiten Brust» der drei Chelsea-Sieger profitieren. «Gerade Kai mit seinem Finaltreffer kann das nach dem nicht so leichten ersten Jahr in England extrem viel Schub geben, den wir als Mannschaft auch nutzen können», bemerkte Gündogan zu Hoffnungsträger Havertz.

Der seit fünf Jahren in England spielende Gündogan wünscht sich nach der mannschaftlich desaströsen und persönlich enttäuschenden WM 2018 ein paneuropäisches Turnier, das zum Erfolg für sein Team, aber auch für alle anderen Gastgeberländer wird. «Europa bedeutet mir sehr viel. Es ist toll, dass man es trotz der schweren Corona-Zeit geschafft hat, das Turnier in so vielen Ländern auszutragen.» Er wisse als toleranter Mensch und Freund vieler Kulturen, was das für die Gastgeberländer bedeute, betonte Gündogan.

WM-Feelig von 2006: «Alle hatten Spaß»

Als 15-Jähriger erlebte er in Gelsenkirchen die besondere und offene Stimmung bei der WM 2006, die viele Gäste aus dem Ausland zuvor Deutschland so nicht zugeordnet hätten. «Das kannte ich gar nicht, alle hatten Spaß. So stelle ich mir ein gut funktionierendes Europa vor», sagte Gündogan.

«Selbstverständlich» drücke er nun zunächst im EM-Eröffnungsspiel am Freitag der Türkei gegen Italien die Daumen. «Meine Familie kommt aus der Türkei, ich bin jedes Jahr dort. Meine Großeltern leben noch dort», beschrieb er seine besondere Beziehung zum Land seiner Eltern. «Ich bin stolz drauf, diese Kultur noch in mir zu haben und von beiden Kulturen profitieren zu können.» Genau deshalb sieht er auch die EM in elf über den Kontinent verstreuten Städten positiv: Denn von jeder Kultur könne man als Mensch «immer etwas mitnehmen».

Von Jens Mende und Klaus Bergmann, dpa