14. Mai 2024

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Geld, große Namen und der vorläufige Union-Gipfel

Union Berlin fehlt nicht mehr viel für den nächsten vereinshistorischen Schritt. Die Champions League ist nah. Gegen den direkten Konkurrenten aus Freiburg könnte eine Fast-Vorentscheidung fallen.

Da musste Urs Fischer erstmal herzhaft lachen. Nein, mit dem Anspruch, mal in der Champions League zu spielen, sei er damals nicht nach Berlin gewechselt, gab er rückblickend zu verstehen.

«Was war meine Aufgabe, als ich hierherkam?», fragte sich der Erfolgs-Trainer des 1. FC Union dann noch mal selbst. Die Antwort blieb er auch nicht schuldig: «Das Ganze ein bisschen zu stabilisieren und tabellarisch sich zu verbessern.»

Damals war im Sommer 2018. Die Eisernen hatten die Saison in der 2. Fußball-Bundesliga als Achter abgeschlossen. Fischer löste André Hofschneider ab, er kam vom FC Basel, mit dem er zweimal Meister in der Schweiz und einmal Cupsieger geworden war. 2019 stieg Fischer mit Union in die Fußball-Bundesliga auf.

Duell der Champions-League-Aspiranten

«In all diesen fünf Jahren ist es eigentlich nur bergauf gegangen», sagte Fischer nun. Der Gipfel ist noch nicht erreicht, fürs Erste aber in Sicht. Im Duell der Gegenentwürfe zu einigen anderen Clubs in der Liga kann Union an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den SC Freiburg den nächsten großen Schritt machen. Es ist das Duell der Champions-League-Aspiranten, punktgleich und auch sonst mit Parallelen. Zum Beispiel, dass Fischer und sein Amtskollege Christian Streich jeweils 57 Jahre und die dienstältesten Trainer der Liga sind.

«Ein richtig anständiger Typ» sei Fischer, sagte Streich über seinen Kollegen. Ein «toller Trainer» sei Streich, meinte Fischer über den Kult-Coach, der seit Ende 2011 den Sport-Club trainiert. Gelebter Respekt gehört auch zum Verhaltenskatalog des Erfolgs der beiden.

«Wir stehen gut da und können positiv ins Spiel gehen – Union auch. Sie haben Außergewöhnliches geleistet – wir auch», sagte Streich und zählte gleich mal ein paar Gemeinsamkeiten auf. «Sie haben ein sehr unterstützendes Publikum, es gibt eine hohe Identifikation. Wenn sie ein Spiel verlieren, haut sie das nicht um. Das ist bei uns auch so gewesen die ganze Saison. Sie haben eine große Mentalität, wir auch.»

Dass beide Teams so spät in der Saison noch derart weit oben zu finden seien, «erschien den meisten Fans und Experten wohl mehr als unrealistisch», schreibt derweil die Liga-Homepage: «Doch der Erfolg der eigentlichen Underdogs hat Gründe: die stabile Defensive.» Kein Team kassierte weniger Tore als Union, 32 sind es bisher. Mit 38 Gegentreffern liegt Freiburg ebenfalls vorn dabei.

Bodenständige Clubs

Und das Prädikat defensiv passt auch sonst in mancherlei Hinsicht bei beiden Clubs. Hochmut, vermessene Träumereien sind ihnen fremd. Es mag auch an beiden Trainern liegen, die als umsichtig, mahnend und bodenständig gelten, auch wenn zumindest Streich schon mal auch öffentlich gut poltern kann. Dass die Freiburger Vereinsbosse an ihm festhielten, als der Sport-Club 2015 abstieg, spricht auch für sich, dass Streich den Verein ein Jahr später wieder in die erste Liga zurückführte, erst recht.

Und nun stehen sie da und streiten um einen Platz in der europäischen Königsklasse. International in der Europa League spielten beiden diese Saison schon, es war Unions weiterer Aufstieg nach Platz 11 in der Debütspielzeit im Oberhaus und dem Einzug in die Conference League in der anschließenden Saison.

Und in dieser Runde wurde Ziel eins vorzeitig abgehakt, wie immer trat Union im Kampf um den Liga-Verbleib an. Es folgte Ziel zwei: Erneuter Einzug ins internationale Geschäft. Auch abgehakt. Nun wollen sie dahin, wo die Europas Fußball-Elite kickt und den Real Madrids und Manchester Citys das Stimmungserlebnis in der Alten Försterei gönnen – in die weniger als ein Drittel Fans passen als im Olympiastadion des abgehängten Krisen-Stadtrivalen Hertha BSC.

Champions-League-Millionen locken

«Ich musste in dieser Woche auch lesen, dass wir eigentlich nichts zu verlieren haben, sondern nur zu gewinnen. Wenn du 29 Spieltage von 31 unter den ersten Vier bist, weiß ich jetzt nicht, ob das so zutreffend ist», sagte Fischer. Neben großen Namen geht es auch um viel Geld. Gut zwei Milliarden werden in dieser Saison in der Champions League insgesamt ausgeschüttet.

15,64 Millionen Euro kamen in die Kasse allen für die Teilnahme an der Gruppenphase, in der es für einen Sieg noch mal 2,8 Millionen Euro gab, für ein Remis 930.000 Euro. 9,6 Millionen brachte ein Einzug ins Achtelfinale, 10,6 Millionen fürs Viertelfinale, 12,5 Millionen fürs Halbfinale und wer das Endspiel erreicht, bekommt noch mal 15,5 Millionen Euro. Die Spannung sei spürbar, berichtete Fischer.

Jens Marx, dpa