20. Mai 2024

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Geiger düpiert Konkurrenz – Mit Turbofinish zu Gold

Erst Elfter, dann Erster: Mit einem sagenhaften Schlussspurt hat Vinzenz Geiger olympisches Gold gewonnen. Der Oberstdorfer galt zuletzt als Kontaktperson und hat ordentliches Chaos hinter sich.

Der Nordische Kombinierer Vinzenz Geiger hat eine überragende Aufholjagd gekrönt und bei den Olympischen Winterspielen in China die Goldmedaille geholt.

Nach seinem furiosen Schlussspurt über mehr als einen Kilometer lag der 24-Jährige in Zhangjiakou ungläubig im Ziel, als der besiegte Johannes Rydzek mit letzter Kraft als Fünfter über die Ziellinie fuhr. Nach einem Sprung von der Normalschanze und dem Zehn-Kilometer-Lauf gewann am Ende einer, mit dem keiner mehr gerechnet hatte: Geiger, der auch Joergen Graabak aus Norwegen und den Österreicher Lukas Greiderer als weitere Medaillengewinner hinter sich ließ.

Geiger sprang bei der Siegerehrung aufs Podest und zeigte stolz die beiden Fäuste. «Jaaaaaaaa!», brüllte der Allgäuer. «Eine großartige Leistung mit Vollgas und doch viel Taktik dabei», sagte IOC-Präsident Thomas Bach der Deutschen Presse-Agentur. «Das hat ja zur Hälfte nach sicheren zwei Medaillen ausgehen – und dann als Verfolgergruppe noch mal so ranzukommen, das war ein richtig spannendes olympisches Rennen.»

1:26 Minuten Rückstand hatte Geiger, der 2018 schon olympisches Gold mit der deutschen Staffel um Rydzek, Eric Frenzel und Fabian Rießle gewonnen hatte, mit auf die Strecke genommen. Rydzek sah lange wie der sichere Sieger aus und wurde dann auf den letzten Metern noch abgefangen. Der dritte deutsche Starter Julian Schmid belegte Rang acht, nachdem er auch lange der kleinen Spitzengruppe mit Geiger und Greiderer angehörte.

Frenzel: «Was für ein Hammer-Rennen»

«Wie geil. Ich gratuliere dir, was für ein Hammer-Rennen», schrieb der mit Corona infizierte Frenzel sofort via Instagram. Geigers Gold-Coup war aber nicht nur der eigenen herausragenden Leistung geschuldet, sondern auch dem Ausfall mehrerer Leistungsträger in der Kombination. Frenzel fiel genauso aus wie Norwegens Weltmeister und Topfavorit Jarl Magnus Riiber. Die Mitfavoriten Terence Weber (auch Deutschland) und Kristjan Ilves aus Estland waren in China ebenso positiv auf das Virus getestet worden und konnten nicht teilnehmen.

Aus dem dezimierten deutschen Team, das pandemiebedingt nur drei Starter aufbieten konnte, ist wieder eine Olympiasieger-Mannschaft geworden. Schon 2014 und 2018 hatte es beim größten Sportevent der Wintersportler Goldmedaillen gegeben – so lief es diesmal auch, sogar ohne den isolierten Garanten Frenzel.

Geiger hingegen war zwar eine Kontaktperson, blieb aber negativ – und zeigte eine überragende sportliche Leistung in der Loipe. «Einen kleinen Hauch an Möglichkeit sehe ich noch», hatte Bundestrainer Hermann Weinbuch nach dem Springen über Geiger gesagt. Dieser nutzte die Chance und griff aus einer Verfolgergruppe furios an. Nach dem Springen hatte der laufstarke Oberstdorfer noch kommentiert: «Mit einem perfekten Laufrennen ist eine Medaille drin.»

In den vergangenen Tagen hatte er jede Menge Durcheinander erlebt, weil er als Kontaktperson nicht mit seinen Teamkollegen zur Schanze fahren durfte. Einmal wurde er gar an der Snowboard-Anlage herausgelassen. «Bei mir war echt schon Riesenchaos. Es war echt hart. Aber ich denke, heute bin ich fit», kündigte Geiger vor dem Lauf an – und bewies es wenig später eindrucksvoll.

Von Patrick Reichardt, Thomas Eßer und Claas Hennig, dpa