18. Mai 2024

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Formel-1-Spektakel in den USA: «Es ist unglaublich»

Formel 1 und die USA - es passt mittlerweile. Drei Rennen allein in diesem Jahr, dreimal Spektakel. Die US-Besitzer schaffen, was Ecclestone nie im Sinn hatte. Sie erreichen ein junges Publikum.

Selbst Vin Diesel konnte es nicht fassen. «Es ist unglaublich», sagt der Fast-and-Furious-Star, während er sich am Zaun der Boxengasse des Formel-1-Spektakels in Miami mit seinem Smartphone filmte: «Dafür lebe ich.» Die Motorsport-Königsklasse entwickelt sich immer mehr nach amerikanischem Geschmack, in diesen Tagen feiert sie sich und mit ihren Fans unter der Sonne Floridas.

«Schaut euch einfach um», betonte Nico Hülkenberg, standesgemäß mit Hose im Palmen-Muster: «Wenn du hier rumfährst, ist es für uns aus Europa so anders.» Und dann brachte der deutsche Haas-Pilot das auf den Punkt, was der Formel 1 nun auch dort zum Erfolg verhalf, wo in Sachen Motorsport sonst nur Interesse an der Rennserie Nascar herrschte. «Es fühlt sich auch wie ein Grand Prix mit viel Entertainment an – oder maximalem Entertainment.»

Und endlich für die Amis auch wieder mit einem US-Piloten. Es sei gar nicht so leicht gewesen, an die Karten zu kommen, berichtete Logan Sargeant. Um die 100 hat er nach eigenen Angaben für Freunde und Familie besorgt. Weit haben sie es nicht. Der 22 Jahre alte Williams-Pilot wurde unweit der Strecke in Fort Lauderdale geboren. «Ich habe mit Rennfahren zehn Minuten die Straße runter angefangen auf dem Miami Speedway», erinnerte er sich: «Der Kreis schließt sich.»

Brad Pitt für Dreharbeiten vor Ort

Die Kreise der Formel 1 werden im selbst ernannten Land der unbegrenzten Möglichkeiten immer größer, ebenso das Film-Interesse. Brad Pitt soll ab Silverstone im Juli an den Grand-Prix-Wochenenden für Dreharbeiten in einen Rennwagen für einen Formel-1-Film der «Maverick»-Erfolgsmacher Joseph Kosinski (Regisseur) und Jerry Bruckheimer (Produzent) steigen, Keanu Reeves arbeitet an einer Dokumentation.

Drei Rennen in den USA sind in diesem Jahr angesetzt mit dem unumstrittenen Highlight Mitte November: Las Vegas. Es wird die Rückkehr in die verrückte Glitzerstadt mit ihren aberwitzigen Hotels und Casinos nach über vier Jahrzehnten sein. Rund einen Monat vorher geht’s wieder nach Austin.

Auf dem Circuit of the Americas begann die Annäherung der Amerikaner an die Formel 1, mittlerweile gehört das Sport- und Showspektakel zu den Stimmungshöhepunkten in einer Saison. Offiziell kamen im vergangenen Jahr 440.000 Zuschauerinnen und Zuschauer an den drei Tagen auf den Kurs bei Austin. Im Rahmenprogramm war unter anderem Ed Sheeran aufgetreten. Für dieses Jahr peilen die Verantwortlichen eine halbe Million Fans an.

Zur Premiere in Miami waren 240.000 Fans gekommen – ausverkauft. Die Unterkünfte der Teams sind in diesem Jahr im Hard Rock Stadium. Dort, wo sonst die Miami Dolphins spielen und jüngst erst die Miami Open im Tennis stattgefunden hatten. Laut Veranstalterangaben wurden die zwölf Tage lang dauernden Umbaumaßnahmen in 24-Stundenarbeit erledigt.

1.800 Euro für Drei-Tages-Ticket

Offiziellen Angaben zufolge gab das Miami-Rennen vor einem Jahr einen 350-Millionen-Dollar-Schub für die Kassen der lokalen Wirtschaft. Was in Las Vegas los sein dürfte, ist nicht schwer vorstellbar. Allein zum Showrun auf dem Strip waren im vergangenen November über 40.000 Fans gekommen. Aktuell kostet das günstigste Drei-Tages-Ticket auf dem offiziellen Portal allerdings auch über 1.800 Euro.

Die Formel 1 hat ihren Preis. Für damals umgerechnet knapp vier Milliarden Euro kaufte Liberty Media 2016 die Rennserie. Anfang 2017 wurde Bernie Ecclestone als Geschäftsführer abgesetzt. Die Auffassung des mittlerweile 92-Jährigen über das Publikum, das die Formel 1 braucht und die Wege, wie die Formel 1 neue Fans gewinnen kann, passten unter anderem so gar nicht zu dem Kurs, den die neuen Besitzer einschlugen. «Mir ist ein 70-Jähriger mit viel Geld lieber», sagte der Brite einmal.

Populär dank Netflix-Serie

Die neuen US-Bosse setzen auch auf den Nachwuchs. Und sie gewannen neue Fans vor allem in den USA durch die Netflix-Serie «Drive to survive». «Es geht darum, denen Inhalte zugänglich zu machen, die sie nicht regelmäßig ansehen, um die Reichweite zu vergrößern und ein potenzielles Publikum zu erreichen», erklärte der Vizepräsident Produktstrategie des Marktforschungsunternehmens Nielsen, Brian Fuhrer, mal dem Sportportal «The Athletic».

Dass in Deutschland kein einziges Rennen im frei empfangbaren TV laufen wird, kann die Formel 1 offensichtlich auch gut verkraften. Die Serie boomt, neue Rennstreckenbewerber gibt es immer wieder, Audi steigt 2026 ein, Ford wird dann technischer Partner von Red Bull. Laut dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» soll der Wert der Motorsport-Königsklasse mittlerweile umgerechnet 15,5 Milliarden Euro betragen. Es wirkt, als sei es momentan die Serie der unbegrenzten Möglichkeiten.

Jens Marx, dpa