8. Oktober 2024

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Finnlands Uhus vor EM-Debüt: «Sind keine Scheiß-Mannschaft»

Die Eishockey-Nation Finnland nimmt zum ersten Mal an einem großen Fußball-Turnier teil. Das Team des Leverkuseners Lukas Hradecky ist bei der EM nur Außenseiter. Es hat aber einen großen Zusammenhalt, ein paar bekannte Namen - und eine verrückte Geschichte.

Eines der bekanntesten Gesichter des finnischen Fußballs ist seit Jahren: eine Eule. Der Uhu, der später «Bubi» getauft wurde, ist sogar zum Ehrenbürger der Hauptstadt Helsinki ernannt worden.

Der Vogel landete 2007 mitten in einem vollen Stadion auf den Querlatten der beiden Tore, so dass ein EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien für mehrere Minuten unterbrochen werden musste. Seitdem nennt sich das finnische Team «Huuhkajat» – die Uhus.

Mittlerweile sorgen aber auch endlich einmal die Spieler selbst für Schlagzeilen. Denn beginnend mit dem Auftaktspiel in Kopenhagen gegen Co-Gastgeber Dänemark (Samstag, 18.00 Uhr/ZDF und Magenta TV) nimmt die große Eishockey-, Ski-Langlauf- oder Speerwurf-Nation Finnland nun auch zum ersten Mal an einem großen Fußball-Turnier teil.

Der Zusammenhalt ist die große Stärke

«Diese EM gehört zusammen mit dem DFB-Pokal-Sieg mit Frankfurt oder der Champions League mit Leverkusen zu den Top-5-Highlights meiner Karriere», sagte der Torwart Lukas Hradecky von Bayer Leverkusen. «Klar wissen wir, dass es schwierig wird. Aber wir sind keine Scheiß-Mannschaft. Wir sind nicht so schwach, wie man denkt. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir unseren Urlaub in diesem Sommer durch ein paar gute Ergebnisse bei dieser EM verkürzen könnten.»

«Wir wollen dafür sorgen, dass es morgen einen blau-weißen Tag gibt», sagte indes der ehemalige Schalker Teemu Pukki. Der Stürmer des englischen Premier-League-Aufsteigers Norwich City fügte später noch selbstbewusst hinzu: «Wir wissen, dass wir der Außenseiter sind. Nach dem Turnier werden wir aber kein Außenseiter mehr sein.»

Die Finnen hatten – siehe Jari Litmanen (Ajax Amsterdam) oder Sami Hyypiä (FC Liverpool) – schon einmal bessere Spieler, als das aktuell der Fall ist. Und sie hatten bei ihren 32 gescheiterten Versuchen, eine WM oder EM zu erreichen, auch schon leichtere Qualigegner als den viermaligen Weltmeister Italien und den ehemaligen Europameister Griechenland in diesem Fall. Dafür hat die aktuelle finnische Mannschaft etwas im Übermaß, auf das kein Außenseiter bei so einem Turnier jemals verzichten kann: «Den mit Abstand besten Zusammenhalt, den ich in meiner Karriere je erlebt habe», wie Hradecky beschreibt.

«Wir sind 25 Leute, die miteinander befreundet sind. Alle dürfen die sein, die sie sind», sagte der 31-Jährige. «Nach dem vierten Quali- Spiel hatten wir neun Punkte und ich verabredete mich mit Teemu Pukki kurz im Hotelzimmer. Da haben wir gesagt: Jetzt ist es möglich!»

Den Finnen fehlen die Fans

Torwart Hradecky und der ehemalige Schalker Pukki von Norwich City sind die beiden herausragenden Einzelspieler in einem ansonsten nur bedingt konkurrenzfähigen Team. Mit Joel Pohjanpalo (Union Berlin) und Fredrik Jensen (FC Augsburg) gehören noch zwei weitere Bundesliga-Profis dazu. Der Rest des Kaders verteilt sich auf Ligen wie die dänische oder zyprische – oder fiel wie Kapitän Tim Sparv (SpVgg Greuther Fürth) sowie Joni Kauko (FSV Frankfurt) früher selbst in der 2. Bundesliga nicht großartig auf. «Ich wünschte, ich hätte mehr Spieler, die in den Top-Ligen spielen», sagte auch Coach Markku Kanerva. «Leider ist es nicht so und ich muss mich dem anpassen.»

Für Mannschaften wie diese ist es ein großer Nachteil, dass sie bei diesem Turnier kaum Unterstützung von den eigenen Fans bekommen kann. «Durch Corona wird es keine normale EM, was wirklich schade für uns ist», sagte Hradecky. «Ganz Finnland wäre uns sonst hinterhergereist. Die Leute wären auch ohne Tickets zu den Spielen nach Kopenhagen und St. Petersburg gekommen.» Bei der Euro 2016 seien Island und Wales in dieser Hinsicht «eine große Inspiration gewesen».

Immerhin ist es auch Hradeckys Verdienst, dass der Sportskamerad «Bubi» bei aller EM-Euphorie nicht in Vergessenheit geraten ist. Nach der erfolgreichen Qualifikation zog sich der Torwart eine Uhu-Maske über das Gesicht. Außerdem erinnerte er kurz vor Turnierbeginn daran, dass der berühmte Auftritt der Eule vor 14 Jahren mit einem überraschenden 2:0-Sieg gegen den letzten Vorrunden-Gegner Belgien (21. Juni) endete. «Vielleicht sollten wir den Uhu nach St. Petersburg einladen», sagte Hradecky. «Damit wir die belgische Mannschaft da noch einmal ein bisschen auseinandernehmen.»

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

DÄNEMARK: 1 Schmeichel – 17 Stryger Larsen, 6 Christensen, 4 Kjaer, 5 Maehle – 8 Delaney, 10 Eriksen, 23 Höjbjerg – 20 Poulsen, 19 Wind, 9 Braithwaite

FINNLAND: 1 Hradecky – 4 Toivio, 2 Arajuuri, 5 Väisänen – 17 Alho, 14 Sparv, 6 Kamara, 18 Uronen – 8 Lod – 20 Pohjanpalo, 10 Pukki

Schiedsrichter: Anthony Taylor (England)

Von Sebastian Stiekel, dpa