3. Oktober 2024

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Die Gründe für den deutschen Eishockey-Erfolg

Die deutschen Eishockey-Erfolge häufen sich. 2009 stieg die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes letztmals aus der A-Gruppe der Weltmeisterschaft ab. Nur wegen des Heim-Turniers 2010 blieb man damals erstklassig und wurde am Ende sensationell Vierter.

Der Halbfinal-Einzug in diesem Jahr wird maximal noch als Überraschung angesehen. Die Gründe für den aktuellen Höhenflug des Olympia-Zweiten von 2018 und ein paar Dinge, die zum Halbfinale gegen Finnland am Samstag (17.15 Uhr/Sport1) noch besser werden müssen.

Gründe für den Höhenflug

TEAMGEIST: Die Stimmung in der Mannschaft ist spürbar hervorragend und erinnert an den Spirit bei Olympia 2018, der mit der Silbermedaille zum größten deutschen Eishockey-Erfolg überhaupt führte. «Diese Mannschaft ist unglaublich. Es ist genauso hier wie bei den Olympischen Spielen. Ich spüre denselben Geist in der Kabine wie damals», sagte NHL-Stürmer und Olympia-Silbergewinner Dominik Kahun nach dem Viertelfinal-Sieg gegen die Schweiz.

WILLE: Als die spielerisch bessere Schweiz am Donnerstag auf 2:0 im zweiten Drittel erhöhte, war das deutsche Team keinesfalls gebrochen. Erst da wurde es richtig stark, kam schnell zum Anschluss, legte im Schlussdrittel noch einmal zu und erzwang 44 Sekunden vor dem Spielende die Verlängerung. «Wir wissen: Egal, wie es steht – wir können zurückkommen», sagte Kahun.

FÜHRUNGSSPIELER: Spieler wie Kapitän Moritz Müller und Routinier Korbinian Holzer geben den selbstbewussten Kurs vor. Früher waren deutsche Teams mit dem Erreichen des Viertelfinals zufrieden. Diesmal gratulierte Bundestrainer Toni Söderholm Kapitän Müller nach dem Viertelfinal-Einzug durch das 2:1 gegen Lettland. «Er hat mir in die Augen geschaut und gesagt: ‚Das reicht nicht’», berichtete Söderholm nun.

DEFENSIVE: Vor allem Holzer (33) spielt bislang ein ganz starkes Turnier in der Verteidigung. Erst gegen die Schweiz fiel ein Gegentreffer für Deutschland, als der langjährige NHL-Profi auf dem Eis war. In Moritz Seider (20) hat Deutschland zudem einen kommenden internationalen Top-Verteidiger in seinen Reihen. Und dahinter ist Torhüter Mathias Niederberger meistens zur Stelle, wenn er gebraucht wird.

MEISTER-GEN: Söderholm setzte bei der Kader-Zusammenstellung bewusst auch auf einen Block vom Meister Eisbären Berlin. «Diese Jungs sind Meister geworden und die sind daher vom Selbstvertrauen auf einem ganz anderen Level», begründete Söderholm dies. In Marcel Noebels, der gegen die Schweiz den entscheidenden Penalty verwandelte und bislang Top-Scorer im deutschen Team ist, und Torhüter Niederberger sind zwei bislang ganz entscheidende Faktoren im deutschen Spiel dabei.

TRAINER: Toni Söderholm war ein Nobody als Trainer, als der DEB ihn zum Nachfolger von Olympia-Silberschmied Marco Sturm machte. Der heute 43 Jahre alte Finne trainierte den SC Riessersee in der dritten Liga, galt aber als großes Talent. Söderholm überzeugte alle mit seinen analytischen Fähigkeiten, seiner Akribie und seiner positiven Energie. Den deutschen Spielern gab er von Beginn an das Gefühl, in der Weltspitze mitspielen zu können.

Das kann noch besser werden

POWERPLAY: Das deutsche Überzahlspiel bei diesem Turnier ist bislang grotesk ungefährlich. Drei Tore erzielte Deutschland bislang bei 20 Überzahlsituationen und ist damit Zwölfter von den 16 WM-Teilnehmern. Gerade gegen die Top-Nationen kam Deutschland nur ganz selten einmal in gefährliche Formationen.

SPIELERISCHE KLASSE: Fast besorgniserregend war der Leistungseinbruch nach 2:0-Führung im Vorrunden-Finale gegen Lettland. Unerklärliche Puckverluste in der neutralen Zone prägten das deutsche Spiel. Gegen die Schweiz war das zwar besser, dennoch war das Spiel der Eidgenossen von einer wesentlich größeren Leichtigkeit geprägt. Ganz klar: Deutschland spielte sich nicht, sondern kämpfte sich in Halbfinale.

DISZIPLIN: Gegen die Schweiz klappte das schon deutlich besser als in einigen Vorrundenspielen. Nur zwei Strafzeiten kassierte das deutsche Team im Viertelfinale, doch auch die waren völlig unnötig. Zum Vergleich: Die Schweizer saßen nicht einmal auf der Strafbank.