29. April 2024

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DEB-Coach Kreis vor Debüt: «Wollen maximalen Erfolg»

Das deutsche Eishockey startet nach dem Abgang von Bundestrainer Söderholm in eine neue Ära. Während der bei seiner neuen Aufgabe schon gescheitert ist, legt der neue Bundestrainer jetzt erst los.

Mit 64 Jahren ist Harold Kreis angekommen. Auch wenn sich der langjährige Eishockey-Nationalspieler bei der Suche nach einem neuen Bundestrainer in der Vergangenheit nie angebiedert hat, so ist es ein offenes Geheimnis, dass Kreis immer genau das wollte: Eishockey-Bundestrainer sein.

Mit Verspätung ist der frühere Verteidiger nun im Amt und bereitet gerade das noch ersatzgeschwächte Nationalteam auf die ersten WM-Tests am Donnerstag in Kassel (19.30 Uhr) und am Samstag in Frankfurt/Main (17.00 Uhr/beide Sport1) gegen Tschechien vor. 

«Wir wollen den maximalen Erfolg», sagte Kreis vor seinem Debüt im Hinblick auf die anstehende WM (12. bis 28. Mai) in Finnland und Lettland. «Wie auch immer der aussieht.» Der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), Peter Merten, formulierte als Minimalziel bereits unverhohlen: «Erreichen des Viertelfinals» bei der WM sowie die direkte Olympia-Qualifikation für die Winterspiele 2026 in Mailand. Dafür müsste Deutschland nach aktuellem Stand im Mai eine Runde weiter als die Schweiz oder die Slowakei kommen. 

WhatsApp von Söderholm

Sein deutlich jüngerer Vorgänger Toni Söderholm (44) wünschte Kreis dafür per WhatsApp «viel Glück». Es gab einen lockeren kurzen Austausch, mehr nicht. Kreis hat klare Vorstellungen von seinem neuen Job, den er unvoreingenommen antreten will. Auf einen telefonischen Kontakt mit seinem Vorgänger verzichtete er bewusst.

Söderholm verließ den DEB im vergangenen November nach erfolgreichen Jahren Hals über Kopf, um beim SC Bern anzuheuern. Dort ist der Finne nach nur fünf Monaten schon wieder gescheitert, ehe sein Bundestrainer-Nachfolger Kreis überhaupt seinen Job angefangen hat. Groß kommentieren mochte Kreis dies nicht. Auch Gerüchte über die Unzufriedenheit Söderholms über die sportliche Strategie beim DEB lächelte Kreis stets charmant weg.

Der Deutsch-Kanadier wirkt aktuell vollkommen glücklich und mit sich im Reinen. «Ich bin unheimlich begeistert und voller Freude», sagte Kreis erst kürzlich im Sportschau-Podcast der ARD vor seinem Debüt.

Nach dem Söderholm-Abgang und der Verpflichtung des erfahrenen DEL-Coaches (Mannheim Düsseldorf, Schwenningen) gab es auch kritische Kommentare, die den Aufschwung des deutschen Eishockeys und den neuen selbstbewussten Spielstil unter den jungen und innovativen Vorgängern Marco Sturm und Toni Söderholm in Gefahr sahen.

Kreis beschwichtigt

Doch Kreis beschwichtigte: «Taktisch wird sich nicht viel ändern. Wir werden das Spielerische beibehalten. Die Spieler sollen sicher und selbstbewusst mit der Scheibe umgehen. Ich will keine Mannschaft, die sich nur zurückzieht und defensiv spielt.»

Der größte Unterschied dürfte außerhalb des Eises zu erkennen sein. Söderholm soll zwar einen guten und vor allem intensiven Draht zu den Führungsspielern gehabt haben, der Finne galt aber als Zauderer. Kreis ist anders. «Ich komme schnell zur Sache», sagte der Routinier über sich selbst. Klare Ansprachen und Entscheidungen zeichnen ihn aus. Zudem gilt Kreis als ein Trainer, der binnen kurzer Zeit die Kabine hinter sich vereinen kann und diese im Griff hat. 

«Ich finde, dass es in Spielerkreisen sehr gut ankommt», sagte Nationalmannschaftskapitän Moritz Müller über die Bundestrainer-Wahl des DEB. Der Abwehrspieler der Kölner Haie wird wie einige andere Leistungsträger erst später in der WM-Vorbereitung zum Team stoßen. Dass Kreis erst kurz vor dem Abflug nach Finnland am 10. Mai sein bestes Team zusammen haben wird, kennt der 64-Jährige bereits. Als Co-Trainer des damaligen Bundestrainers Uwe Krupp stand Kreis 2010 beim deutschen Halbfinaleinzug bei der Heim-WM an der Bande. 

Schon damals galt er als «heimlicher Bundestrainer». Der Erfolg beim Nationalteam stellte sich erst nach seiner Inthronisierung beim DEB auf Initiative der Deutschen Eishockey Liga ein. 2018 nach dem Ausscheiden von Sturm sollte er schon einmal Bundestrainer werden. Damals war er enttäuscht über das Veto seines Arbeitgebers Düsseldorfer EG. Im zweiten Anlauf hat es nun für beide Seiten geklappt. Kreis ist angekommen.

Carsten Lappe, dpa