17. Mai 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Bahnrad-WM: Kluge und Friedrich holen Silber – Hinze Bronze

Der Olympia-Härtetest fällt für die deutschen Sprinterinnen schmerzhaft aus. Auf der Bahn von Paris 2024 endet die mehr als zwei Jahre währende Siegesserie von Emma Hinze und Lea Friedrich.

Lea Sophie Friedrich trat mit letzter Kraft in die Pedale, doch die Krönung zur neuen Sprint-Königin blieb ihr im französischen Hexenkessel verwehrt.

Gegen Mathilde Gros und 5000 begeisterte Franzosen endete die Vorherrschaft der deutschen Rad-Sprinterinnen – Friedrich und die entthronte Weltmeisterin Emma Hinze und Co. bekamen auf der Olympia-Bahn von Paris am Freitag einen bitteren Vorgeschmack auf das, was ihnen 2024 bei den Sommerspielen blühen könnte. 

Silber für Friedrich – Hinze holt Bronze

Denn Gros fügte – getragen vom Publikum – nacheinander den deutschen Überfliegern eine schmerzliche Niederlage zu und holte sich im Konfettiregen erstmals den WM-Titel. «Ich hätte gerne das Regenbogentrikot gehabt. Im Nachhinein bin ich auch stolz auf die Silbermedaille. Natürlich hat mir dieser Titel noch gefehlt», sagte Friedrich und meinte mit Blick auf die große Stimmung auf den Rängen: «Man hört natürlich, dass es laut ist. Aber ich konzentriere mich auf das Rennen und fahre das. Es ist ein kleiner Vorgeschmack auf Paris.»

Hinze musste sich indes mit Bronze begnügen. Ein weiteres deutsches Edelmetall holte Routinier Roger Kluge, der im Punktefahren Silber gewann. Für den 36-Jährigen ist es die insgesamt siebte WM-Medaille seiner Karriere.

Doch die größten Dezibelwerte wurden im Velodrome von Saint-Quentin-en-Yvelines im großen Sprint-Finale gemessen. Friedrich versuchte alles, sprintete mal von vorne, mal von hinten, doch es sollte nicht reichen. Damit verpasste es die 22 Jahre alte Ausnahmefahrerin, als erst zweite Radsportlerin nach Anna Meares alle vier Titel im Kurzzeitbereich zu gewinnen. 

Vor allem ging aber die deutsche Dominanz zu Ende. Seit der WM 2020 in Berlin teilten sich Hinze und Friedrich alle Titel im Sprintbereich untereinander auf. Erst am Mittwoch hatte das Duo zusammen mit Pauline Grabosch im Teamsprint triumphiert. Aber gerade Hinze hatte im ganzen Sprintturnier schwer zu kämpfen, mühte sich von Runde zu Runde. Gegen die vom Publikum getragene Gros war dann in drei Läufen im Halbfinale der WM-Traum beendet.

Kluge holt ebenfalls Silber

Für die erste deutsche Medaille des Tages hatte Kluge gesorgt. 14 Jahre nach Olympia-Silber in Peking schaffte es der 36-Jährige auch erstmals bei einer WM im Punktefahren auf das Podest. Kluge belegte nach 40 Kilometern mit 67 Punkten den zweiten Platz und musste sich am Freitag nur dem Niederländer Yoeri Havik (76) geschlagen geben. Platz drei ging an den Belgier Fabio van den Bossche (64).

«Es tut immer gut, auf dem Podest zu stehen. Eine Medaille bei internationalen Titelkämpfen ist schön für die Sammlung und bestätigt, dass ich noch nicht abzuschreiben bin. Ich fahre immer noch auf einem guten Niveau», sagte Kluge. In den vergangenen Jahren hatte sich der Berliner vor allem auf das Zweier-Mannschaftsfahren konzentriert. Dort gewann Kluge in den letzten Jahren mit Theo Reinhardt zweimal Gold und einmal Bronze. 

Kluge spielte dieses Mal seine ganze Erfahrung aus. In der Schlussphase fuhr er zwei Runden heraus und gewann auch den letzten Sprint. «Am Ende musste ich attackieren. Es ist noch Silber geworden, taktisch brauche ich mir nichts vorwerfen zu lassen. Ich hatte immer ein starkes Finale, das habe ich wieder gezeigt. Erfahrung, Alter, Stärke – das hat sich wieder durchgesetzt», sagte Kluge.

Eine Riesen-Enttäuschung gab es dagegen für Europameister Nicolas Heinrich in der 4000-Meter-Einerverfolgung. Der 20-Jährige erlebt in der Qualifikation einen Einbruch und wurde nur 18. Vorbei war der Traum vom großen Finale gegen den italienischen Stundenweltrekordler Filippo Ganna, der seinen fünften Titel in dieser Disziplin gewann und in 3:59,636 Minuten den nächsten Weltrekord aufstellte. Heinrich war in seinem Lauf gut 19 Sekunden langsamer als Ganna.

«Es war einfach nicht mein Tag. Die Spannung hat gefehlt. Es war nicht wie sonst. Man hat schon am Anfang gemerkt, dass es lascher ist», sagte Heinrich, der im August noch in München den EM-Titel geholt hatte und dabei fast neun Sekunden schneller war. 

Stefan Tabeling, dpa