19. April 2024

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Rena statt Peking: Nächster schwerer Winter für Wellinger

Im Dezember wähnte sich Andreas Wellinger auf dem Weg zurück in die Weltspitze. Dann folgten sportliche Rückschläge, eine Infektion mit dem Coronavirus und die Zuschauerrolle bei Olympia.

Andreas Wellinger muss mal wieder warten.

Während seine Teamkollegen um den mit zwei Olympia-Medaillen dekorierten Karl Geiger nach den Winterspielen von Peking schnell Richtung Finnland reisen und einfach weiterspringen, gehörte der 26-Jährige erst nicht zum Olympia-Kader – und ist nun auch noch aus dem Weltcup-Aufgebot gefallen.

Es ist mal wieder ein schwerer Rückschlag für Wellinger, der 2018 noch Einzel-Olympiasieger in Pyeongchang war und sich später nie so richtig von einem Kreuzbandriss im Juni 2019 erholte.

Erst sportliche Fehler, dann Corona-Infektion

In diesem Winter wird die Bandbreite der Gefühle besonders deutlich. Nach einem sechsten Platz in Klingenthal im Dezember wähnte sich Wellinger auf dem Weg zurück in die Weltspitze, doch danach folgten nur noch Rückschläge: erst sportliche Fehler, dann eine Corona-Infektion unmittelbar vor Olympia, die ihn letztlich auch die Chance auf ein China-Ticket kostete. «Da kann man nix anderes sagen als ‚Scheiße gelaufen’», befand Wellinger gewohnt ehrlich.

Das gilt nicht nur für das akute Pech in diesem Winter, sondern auch für den Comeback-Versuch seit 2020. Im ersten Winter nach der schweren Knieverletzung klappte nichts. Nun lief es zwar etwas besser, aber eine Saison mit verpassten Olympischen Winterspielen und eher schwachen Ergebnissen bei der Vierschanzentournee wird der von vielen Erfolgen verwöhnte Wellinger eher als einen weiteren Winter des Schreckens wahrnehmen.

Dabei setzt Bundestrainer Stefan Horngacher eigentlich auf den lebenslustigen Flieger, der trotz vieler Rückschläge nicht seine Zuversicht verliert. Wellinger und Routinier Severin Freund nicht mit nach Peking nehmen zu können, tat dem Chefcoach weh. «Es ist schon bitter, wenn du zwei Olympiasieger daheim lassen musst. Die Dichte ist einfach so hoch. Die Besten haben wir dabei, das ist nun einmal so. Da hat jeder die Möglichkeit gehabt, sich zu qualifizieren», sagte Horngacher der Deutschen Presse-Agentur.

Wellinger: «Arbeit zu erledigen»

Vor der Weltcup-Fortsetzung im finnischen Lahti und danach in Norwegen erwähnte Horngacher seinen Schützling Wellinger nun bei der Kadernominierung mit keinem Wort – nur indirekt, dass es momentan eben keinen siebten deutschen Startplatz gebe. Auch für die Flug-WM, die von 11. bis 13. März im norwegischen Vikersund stattfindet, dürfte Wellinger in der derzeitigen Ausgangslage kein Kandidat sein.

Wellinger hatte sich vor dem Winter als «gefühlt 17 Jahre alt, körperlich wahrscheinlich 44» bezeichnet. Seine Probleme sah er nicht mental, sondern eher technisch. «Ich bin ein Roboter geworden, der zwar die Schanze runtergefahren ist und ein paar Hüpfer gemacht hat», sagte Wellinger. So funktioniere Skispringen aber nicht.

Seither gab es von Seiten Wellingers stets ähnliche Aussagen: mal ein guter Sprung oder «ein richtiger Schritt in die richtige Richtung», dann wieder ein Rückschlag, den er technisch zu erklären versuchte. Im deutschen Team haben längst Geiger und Kumpel Markus Eisenbichler die Führungsrolle übernommen. Wellinger sprang zuletzt im Continental Cup – der zweiten Liga des Skispringens – in einem norwegischen Örtchen namens Rena. Nach den Plätzen elf und sieben schickte er ein Foto mit einem breiten Grinsen. Es gebe «immer noch etwas Arbeit zu erledigen».

Von Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa