20. April 2024

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Rekordjagd und Gastgeber-Sehnsucht: Die finale Tour-Woche

Tadej Pogacar ist im Kampf um das Gelbe Trikot deutlich voraus. Doch die letzte Woche der Tour bietet viele weitere Spannungselemente. Und nach Paris ist diesmal nicht Schluss.

Die zweite Woche bei der 108. Tour de France ist geschafft. Bislang steht das größte Radrennen ganz im Zeichen von Sloweniens Tadej Pogacar und Mark Cavendish aus Großbritannien. 

Der Youngster dominiert die Tour und führt mit einem mehr als fünfminütigem Polster, der Routinier gewinnt fast jede Sprint-Etappe. Was bringt die letzte Woche in Frankreich? 

Die wichtigsten Fragen vor dem Ruhetag in Andorra:

Ist Tadej Pogacar noch aufzuhalten?

Kaum vorzustellen. In den Alpen dominierte der 22 Jahre junge Titelverteidiger das Feld so, wie man es zuvor lange nicht mehr erlebt hatte. Die kurze Schwäche am Ventoux, als Pogacar vom Dänen Jonas Vingegaard abgehängt wurde, scheint längst vergessen, spätestens seit der souveränen Leistung auf dem Weg nach Andorra am Sonntag. Für Vingegaard, Rigoberto Uran, Richard Carapaz und Wilco Kelderman als Hoffnung des deutschen Teams Bora-hansgrohe dürfte es bis Paris nur um die Podestplätze neben Pogacar gehen.

Überholt Cavendish Rad-Legende Eddy Merckx?

Das dürfte maßgeblich davon abhängen, ob sich der 36 Jahre alte Sprinter über die Pyrenäen quälen kann. Fällt Cavendish in den schweren Etappen zum Col du Portet und nach Luz Ardiden nicht aus dem Zeitlimit, hat er beste Chancen, in Libourne (Freitag) oder beim großen Finale auf den Champs-Élysées den 35. Sieg zu holen und Legende Eddy Merckx (34 Siege) abzuhängen. Der deutsche Sprinter  André Greipel lobte Cavendish und sein Team Deceuninck-QuickStep in der ARD: «Die stärkste Mannschaft mit dem stärksten Sprinter, da ist wenig gegen gewachsen.»

Wer folgt auf Nils Politt?

Der furiose Ritt des Paris-Roubaix-Zweiten Politt bescherte Deutschland den ersten und bisher einzigen Etappensieg bei dieser  Tour. Gibt es einen weiteren in der Finalwoche? Routinier Greipel scheint in den Massensprints nicht mehr das nötige Tempo zu haben, so ist wohl höchstens ein Ausreißersieg möglich. Hierfür wäre Simon Geschke ein Kandidat oder der ehemalige Tour-Vierte Emanuel Buchmann, falls dieser bei Bora nicht komplett als Helfer von Kapitän Kelderman eingespannt wird.

Wer stillt die französische Sehnsucht?

Vier Jahre ist es her, dass letztmals ein französischer Radprofi am Nationalfeiertag eine Tour-Etappe gewonnen hat. Wer kann die Sehnsucht nach dem nächsten Erfolg nach Warren Barguils Sieg 2017 in diesem Jahr stillen? Die Etappe am Mittwoch ist extrem schwer und endet mit einem 16 Kilometer langen Anstieg zum Col du Portet. Aus dem Favoritenfeld heraus dürfte es kaum für einen Sieg reichen. Wagt Publikumsliebling Julian Alaphilippe eine Fluchtattacke? Der explosive Weltmeister dürfte am ehesten das Zeug haben, bei großem Vorsprung einen prestigeträchtigen Sieg ins Ziel zu retten.

Was folgt auf das große Finale in Paris?

Diesmal nicht die große Ruhe, sondern gewaltiger Reisestress. Nur fünf Tage später beginnen die Olympischen Spiele in Tokio. Das Straßenrennen der Männer steigt direkt am ersten Wettkampftag am Samstag, keine Woche nach der 3414 Kilometer langen Hatz quer durch Frankreich. Das Profil in Japan gilt als sehr anspruchsvoll. Aus deutscher Sicht könnte Maximilian Schachmann ein heißer Anwärter sein. Für seine Olympia-Chance hat er extra auf die Tour verzichtet. Der Belgier Wout van Aert nutzt hingegen die Rundfahrt zur Vorbereitung auf Tokio.

Von Patrick Reichardt und Tom Bachmann, dpa