28. März 2024

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«Mopeds» Sané, Werner, Gnabry ein Fall für die Werkstatt

Leroy Sané, Timo Werner und Serge Gnabry - das war einst der «Moped»-Sturm im Geschwindigkeitsrausch. In diesem Sommer funktioniert so gut wie nichts bei dem hoch veranlagten Trio.

Hansi Flicks Sorgenspieler trotteten spät am Abend nacheinander Richtung Ausgang der Puskas-Arena.

Timo Werner war wieder glücklos, Serge Gnabry verletzt und Leroy Sané ein Rätsel – der einstige «Moped»-Sturm der Fußball-Nationalmannschaft ist gut fünf Monate vor der WM in Katar ein Fall für die Werkstatt. Und Sané bekam nach dem ernüchternden 1:1 in Budapest gegen Ungarn eine für DFB-Verhältnisse sehr deutliche Ansage mit auf den Weg.

Der rätselhafte Leroy

«Am Ende musst du dich da als Spieler auch rauskämpfen», sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff mit ruhiger Stimme, als Sané längst verschwunden war. Der Bundestrainer sei «sehr kommunikativ, ist sehr aufbauend, versucht immer wieder auch, die Spieler für sich zu gewinnen», fügte der frühere Europameister an: «Aber irgendwann muss man auch sagen, das ist es jetzt, und da muss ein Spieler was draus machen.» Puh!

Bundestrainer Flick hatte den 26 Jahre alten Bayern-Profi – wie alle seine Spieler – immer wieder stark geredet. Zum Auftakt in die Nations League am 4. Juni in Italien (1:1) durfte Sané von Anfang an spielen, enttäuschte aber praktisch durchgehend – nach knapp einer Stunde war Schluss. Gegen England drei Tage später (1:1) wurde der Flügelspieler erst kurz vor dem Abpfiff eingewechselt. Vom als solchen gelobten Unterschiedsspieler war nichts zu sehen. Zu Beginn der Trainingseinheiten in den vergangenen Tagen in Herzogenaurach wirkte Sané immer wieder seltsam unmotiviert. Ein Tor im DFB-Trikot gelang ihm 2022 noch nicht.

«Mit Leroy, da darf man seine Körpersprache auch nicht überinterpretieren», sagte Bierhoff. «Das ist so seine Art und Weise. Aber wichtig ist natürlich, und das weiß er, dass er trotz dieser Körpersprache einfach natürlich die Leistung bringen muss.» Es sei keine leichte Situation für Sané, der auch bei den Bayern im vergangenen Jahr selten überzeugt hatte. «Wir helfen ihm, aber er muss sich natürlich auch selber helfen», sagte Bierhoff.

Der glücklose Timo

Werner bekam die Unterstützung von Flick am Abend, indem der Bundestrainer – angesprochen auf den Stürmer – wie üblich die Einzelkritik vermied. «Ich würde es unter dem laufen lassen, dass bei uns komplett in der Mannschaft die Überzeugung fehlt», sagte Flick. Nur sieben Torversuche der ganzen Mannschaft, einer davon direkt Richtung Ziel – es gibt Spiele, da hat ein Stürmer alleine mindestens diese Statistik. Werner derzeit nicht. Nach schwierigen Monaten beim FC Chelsea blieb die erhoffte Befreiung für den 26-Jährigen in der Wohlfühloase beim DFB-Team bislang aus.

«Es ist schon so, dass er einen großen Aufwand hat und versucht, den Gegner unter Druck zu setzen», sagte Flick, der immer wieder Werners besondere Laufwege gelobt hatte. «Dass er sich immer wieder anbietet. Aber wir haben einfach zu wenige Torchancen.»

Bierhoff, 1996 EM-Siegtorschütze, sprach grundsätzlich vom lange bekannten Grundproblem. «Wir haben torgefährliche Spieler, aber natürlich nicht mehr diesen klassischen Stürmer, den man auch sieht und den ganz Europa sucht», sagte der DFB-Direktor und nannte Bayerns polnischen Weltfußballer Robert Lewandowski und Norwegens Erling Haaland, der noch bis Ende des Monats bei Borussia Dortmund unter Vertrag steht. «Den haben wir nicht», sagte Bierhoff. Das müsse kompensiert werden «durch mehr Kombinationsfußball und die Dribbelstärke und Schnelligkeit unserer Spieler».

Der verletzte Serge

Auf Gnabry trifft genau dieses Profil zu. An guten Tagen kann Sanés Teamkollege beim Rekordmeister mit seinem Tempo und seiner Technik alleine spielentscheidende Szenen kreieren. 20 Tore in 33 Länderspielen sind auf dem Papier immer noch eine großartige Statistik – gegen Italien war Gnabry aber defensiv überfordert. Gegen England durfte er – wie Werner – nur die letzte halbe Stunde ran. Wadenprobleme führten dazu, dass er in Ungarn nur auf der Tribüne sitzen konnte.

Ob sich das von Abwehrspieler Niklas Süle vor nun schon bald vier Jahren so genannte «Moped»-Trio an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) gegen Italien in Mönchengladbach gemeinsam versuchen darf, ist fraglich. Nicht nur wegen Gnabrys Wadenbeschwerden.

Von Jan Mies und Arne Richter, dpa