19. April 2024

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Lindvik erfüllt sich Goldtraum – Geiger begrenzt Schaden

Beim Coup von Norwegens Lindvik nehmen Deutschlands Springer nur die Zuschauerrolle ein. Titelverteidiger Karl Geiger holt zwar kräftig auf, doch hat mit den Medaillenrängen nichts zu tun.

Der neue Weltmeister Marius Lindvik stand im Auslauf und brüllte seine ganze Freude heraus. Nach vier fulminanten Flügen hat der norwegische Skisprung-Olympiasieger Karl Geiger als Skiflug-Champion abgelöst und sich in seiner Heimat Vikersund den nächsten Goldtraum erfüllt.

Der entthronte Titelverteidiger Geiger sah in seinem goldenen Sondertrikot trotzdem zufrieden aus, die Medaillen und eine bessere Perspektive hatte er schon am Vortag vergeben. «Ich hätte es Marius gar nicht zugetraut. Aber großen Respekt, dass er das so rübergebracht hat. Ziemlich fett», lobte Geiger seinen Nachfolger Lindvik.

Für den 23 Jahre alten Norweger, der bei den Winterspielen von Peking Einzel-Gold auf der Großschanze holte, ist es der nächste große Coup. Der Schützling von Alexander Stöckl glänzte über zwei Tage und vier Durchgänge mit besonders großer Konstanz und Stabilität. Mit Flügen auf 232,5, 226,5, 230 und 224,5 Meter ließ er der Konkurrenz um den slowenischen Silber-Gewinner Timi Zajc und Österreichs Weltrekordmann Stefan Kraft, der Bronze holte, keine Chance.

Geiger steigert sich

Geiger konnte sich nach einem fürchterlichen ersten Flugtag immerhin noch steigern. Nach 209 und 199 Metern waren es diesmal 234,5 und 220,5 Meter, im Probedurchgang ging es einmal sogar über die 240-Meter-Marke. «So sollte man anfangen, so hätte man gestern starten müssen. Die Flüge jetzt habe ich unglaublich genossen. Das ist richtig cool. Es ist wie ein Aufzug – man zieht hoch und wird schnell, der Hammer», sagte Geiger in der ARD. In der Planica-Form, die ihm 2020 Gold im Einzel und Silber im Team bescherte, war der 29 Jahre alte Allgäuer diesmal aber zu keinem Zeitpunkt.

Auch die weiteren deutschen Skispringer nahmen beim Flugfestival nur Nebenrollen ein. Für Severin Freund stand am Ende Rang 12, auch Andreas Wellinger (14.), Constantin Schmid (17.) und der schwer fluchende Markus Eisenbichler (18.) hatten riesige Abstände auf die vorderen Plätze. «Es war einfach nur scheiße, man muss das harte Wort sagen. Es war wirklich erbärmlich, was ich gemacht habe», hatte Eisenbichler über seinen ersten Sprung gesagt. Wirklich besser wurde es auch danach nicht. «Ich konnte hier nicht das zeigen, was ich eigentlich gut machen kann», fügte «Eisei» an.

Niederlage im Einzel abhaken

Vor dem Teamfliegen gilt es für Bundestrainer Stefan Horngacher nun, die derbe Niederlage im Einzel schnell abzuhaken. «Ich denke, die Ausgangsposition ist nicht so schlecht. Ich hoffe, dass wir um eine Medaille mitspringen», sagte der Österreicher Horngacher.

Auch sein Teamkapitän ist zuversichtlich. «Ich glaube schon, dass ich die Flugform gefunden habe. Jeder geht in die richtige Richtung. Morgen hauen wir uns ordentlich was raus», sagte Geiger. Wellinger hingegen war mächtig angesäuert, dass er in mehreren Durchgängen Pech mit den Bedingungen hatte. «Das nervt mich grad extrem. Gestern war ich auch schon der Depp», sagte Wellinger nach Durchgang drei. Zum Abschluss schaffte der Olympiasieger von 2018 aber einen 219,5-Meter-Flug.

Horngacher nominierte Eisenbichler trotz schwacher Leistung im Einzel für den Mannschaftswettbewerb. «Er ist eigentlich ein guter Skiflieger», betonte Horngacher in der ARD. Neben dem 30 Jahre alten Bayern sind auch Geiger, Wellinger und Freund dabei. Schmid wurde aus dem Einzel-Quintett gestrichen. Favoriten auf Gold sind Slowenien und Norwegen.

Von Patrick Reichardt, dpa