28. März 2024

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«Hero de Janeiro» Toba hat nur Team im Kopf

Ein Kreuzbandriss hat ihn berühmt gemacht. Fünf Jahre nach seinem selbstlosen Einsatz in Rio de Janeiro betritt Turner Andreas Toba wieder die olympische Bühne. In Tokio steht für den «Hero de Janeiro» wie gewohnt nur das Team im Fokus.

Er hätte so gern die deutsche Fahne ins Olympia-Stadion getragen.

Doch nach der Wahl von Wasserspringer Patrick Hausding kann sich «Hero de Janeiro» Andreas Toba in Tokio ganz auf sein oberstes Anliegen konzentrieren: Mit der deutschen Riege an diesem Samstag (12.30 Uhr MESZ) wie vor fünf Jahren ins Mehrkampf-Finale einziehen. «Ich möchte so viel und so gut ich kann, meine Leistung als Teamleistung mitgeben», sagte der 30 Jahre alte Turner aus Hannover.

Seit Sonntag wohnen die Turner im olympischen Dorf. Zuvor hatten sich Toba und seine Mitstreiter Lukas Dauser (Unterhaching), Nils Dunkel (Erfurt) und Philipp Herder (Berlin) sowie Ersatzmann Nick Klessing (Halle/Saale) in Joetsu auf die olympischen Wettbewerbe vorbereitet. Beim ersten Podiumstraining im Ariake Gymnastics Centre am Mittwoch lief es noch nicht bei allen rund. Lediglich der deutsche Mehrkampf-Meister Dauser, der schon zuletzt bei den Qualifikationen und der Europameisterschaft in Basel die besten Sechskämpfe absolviert hatte, präsentierte dabei eine tadellose Vorstellung.

Teamgeist für Toba das Wichtigste

Andreas Toba hatte bei der EM im April mit Silber am Reck überrascht. Auch sich selbst. Immerhin war es seine erste Medaille bei einer internationalen Meisterschaft. Doch in Tokio will er diesen Erfolg nicht als Maßstab ansetzen. «Dass es bei der EM für eine Medaille gereicht hat, ist sehr schön und darüber freue ich mich. Aber das sind die Olympischen Spiele, hier kommen die Besten der Welt», betonte der Sohn des früheren Spitzenturners Marius Toba.

Teamgeist steht für Andreas Toba über allem. Wird über ihn gesprochen, fällt oft das Wort «mannschaftsdienlich». Diese Eigenschaft hat ihn vor fünf Jahren berühmt gemacht. In der Mannschafts-Qualifikation in Rio erlitt der damals 25-Jährige einen Kreuzbandriss und war eigentlich raus. Doch Toba wollte nicht aufgeben, insbesondere nicht die Teamkollegen im Stich lassen. Also ließ er sich sein rechtes Knie so fest wie möglich tapen und turnte noch am Pauschenpferd. Auch durch diesen Einsatz qualifizierte sich die Mannschaft fürs Finale. Der «Hero de Janeiro» war geboren.

«Es gab keinen Grund für mich, das nicht zu schaffen», sagte Toba damals. Ohne ihn belegte die Riege des Deutschen Turner-Bundes (DTB) in Brasilien wie vier Jahre zuvor in London Platz sieben. Wieder das Finale der besten acht Mannschaften zu erreichen, ist das erklärte Ziel des deutschen Quartetts. «Das wäre ideal für uns», sagte Olympia-Trainer Valeri Belenki.

«Komme ganz gut klar mit der Geschichte»

Inzwischen hat der bescheidene Routinier Toba sich mit seinem Helden-Titel arrangiert. «Es gehört halt zu mir, es ist Teil meines Lebens. Ich komme ganz gut klar mit der Geschichte», sagte er. Insbesondere seine Nominierung für die Wahl des Fahnenträgers hatte das Thema wieder in den Vordergrund gerückt. «Das ist eine einmalige Sache. Ich konnte da nicht Nein sagen», sagte Toba über die Aufstellung, die für ihn «eine riesengroße Ehre» war.

Dass Toba nun bei der Eröffnungsfeier nicht als Erster der deutschen Mannschaft gemeinsam mit Beachvolleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig ins Olympiastadion einlaufen darf, war wie bei Turnwertungen eine Zehntel-Entscheidung. Bei der Wahl entfielen 22,58 Prozent der Stimmen auf den Turner, 0,07 Prozentpunkte weniger als auf Hausding.

Seine Ambitionen für Tokio sind so bescheiden wie er selbst. «Von Final-Teilnahmen brauche ich nicht zu träumen», sagte Toba und erklärte gewohnt mannschaftsdienlich: «Ich wünsche mir, dass ich gesund bleibe und für mich einen Wettkampf turne, wo ich danach sagen kann, ich habe alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe, also einen fehlerfreien Wettkampf. Das wäre erstmal das, womit ich der Mannschaft, dem Trainer und mir selber beweisen kann, wofür ich die letzten fünf Jahre trainiert habe. Alles, was dann kommt, ist Bonus.»

Von Martin Kloth, dpa