25. April 2024

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Einzige Fußball-Präsidentin: Kumpis gewinnt Eintracht-Wahl

Seit 1992 gab es im deutschen Profifußball keine Frau mehr an der Spitze eines Clubs. Das änderte sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung eines früheren deutschen Meisters.

Zum ersten Mal seit 30 Jahren steht wieder eine Frau an der Spitze eines deutschen Profifußball-Clubs.

Nicole Kumpis wurde bei einer außerordentlichen und virtuellen Mitgliederversammlung zur Präsidentin des Drittligisten Eintracht Braunschweig gewählt. Mit 472:411 Stimmen setzte sich die Vorständin des Deutschen Roten Kreuzes Braunschweig-Salzgitter gegen den Unternehmer Axel Ditzinger durch.

«Das war eine richtungsweisende Sitzung. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit von gleich zwei Frauen im Präsidium», sagte die 48-Jährige nach ihrer Wahl. Denn auch die frühere Hockey-Nationalspielerin Bettina Heinicke wurde als Vizepräsidentin für die Abteilungen in das fünfköpfige Führungsgremium gewählt, obwohl sie zum Team des Gegenkandidaten Ditzinger gehörte.

Angespannte Gemengelage

Kumpis ist nun die erste Präsidentin in der 122-jährigen Geschichte des deutschen Meisters von 1967 und aktuell die einzige Frau, die einen der insgesamt 56 Clubs in den ersten drei Profiligen anführt. 1986 war die FDP-Politikerin Gisela Schwerdt für acht Monate Präsidentin des damaligen Zweitligisten Arminia Bielefeld. 1991 stieg der TSV 1860 München für ein Jahr unter der Vereinschefin Liselotte Knecht von der Bayernliga in die 2. Bundesliga auf.

Trotzdem ging es Kumpis in ihrem Wahlkampf erklärtermaßen nie um die Geschlechterfrage. «Für unser Team spielt es keine Rolle, dass ich eine Frau bin. Und ich habe diese Karte seit dem Beginn unserer Kampagne auch nicht gespielt», sagte die bisherige Vizepräsidentin des Zweitliga-Absteigers.

Hintergrund ist die angespannte Gemengelage in dem Traditionsverein. Kumpis‘ Vorgänger Christoph Bratmann hatte bei der turnusmäßigen Mitgliederversammlung im November nicht genügend Stimmen für seine Wiederwahl erhalten. Vor allem die Gegenstimmen aus dem organisierten Fanlager brachten den SPD-Politiker zu Fall.

Knapper Ausgang der Wahl

Die Eintracht ist nach den Zweitliga-Abstiegen 2018 und 2021 tief gespalten, das zeigt auch der knappe Ausgang der Wahl zwischen Kumpis und Ditzinger. Der frühere Vizepräsident setzte auf die Stimmen der Fans. Sein Fokus galt der ausgegliederten Profifußball-Gesellschaft, er hatte schon 2021 eine Trennung von Sportchef Peter Vollmann gefordert und trat auch am Mittwoch für «neue Impulse und neue Ideen» ein.

Kumpis möchte die verschiedenen Lager nach eigenen Worten wieder zusammenführen und vertraut in ihrem Team unter anderen auf den langjährigen Finanzchef Rainer Cech (weiter Vizepräsident Finanzen) und den früheren Eintracht-Profi Benjamin Kessel (neuer Vizepräsident Fußball), der bei der Präsidiumswahl die meisten Stimmen aller Kandidaten erhielt.

«Demokratie, Diversität, Kommunikation und Zusammenhalt: Dafür stehe ich mit meinem Team», sagte Kumpis. So möchte sie den Verein wieder einen und auch auf die Unterstützer Ditzingers zugehen. «Ich bin ein sehr verbindlicher Mensch, sehr klar und authentisch in meiner Kommunikation. Auch dann oder gerade dann, wenn Kommunikation kritisch wird. Ich setze mich mit jedem an den Tisch.»

An großen sportlichen Zielen fehlt es auch nicht, wie Kumpis klarstellte: «Langfristig wollen wir uns in der Zweiten Liga etablieren und wieder mit allem Mut an der Ersten Liga anklopfen.»