29. März 2024

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Dressur-EM: Werth-Ärger bei Zitterpartie zum Gold-Hattrick

Am Ende reicht es doch zu Platz eins. Auf dem Weg zum dritten EM-Gold in Folge erlebt die deutsche Dressurmannschaft allerdings einen unerwarteten Rückstand - und eine Reiterin ist richtig sauer.

Bei der Siegerehrung der Heim-EM strahlte Isabell Werth wieder, der Ärger vom Vormittag war fast vergessen. «Natürlich freue ich mich jetzt», sagte die erfolgreichste Reiterin der Welt über den Gold-Hattrick mit dem deutschen Dressur-Team.

Knapp vier Stunden zuvor hatte die 52-Jährige noch gemotzt. «So bin ich: Einmal muss es raus, dann ist es auch gut», erklärte die Rekord-Reiterin aus Rheinberg fröhlich grinsend ihren Wutanfall.

Beim dritten Gold nach den EM-Siegen in Göteborg und Rotterdam hatte das deutsche Quartett eine unerwartete Zitterpartie erlebt. Das Gastgeber-Team lag in Hagen bei Osnabrück zwischenzeitlich sogar hinten und profitierte beim erneuten Erfolg am Ende auch von Patzern der Konkurrenz. Mit insgesamt 238,944 Prozentpunkten fiel der Sieg vor Großbritannien (232,345) und Dänemark (231,165) schließlich doch noch deutlich aus. Der erneute Erfolg war das 25. deutsche Mannschafts-Gold bei Europameisterschaften.

Werths Ärger über Punktrichterin

Dass es eine Zeit lang knapper als erwartet war, lag auch am Ergebnis von Werths Ritt: 79,860 Prozent. Sie war danach verärgert aus dem Viereck geritten und hatte geschimpft. «Das ist ja lächerlich», motzte sie im Sattel von Weihegold: «Ich bin gerade schon in Wallung!» Später war die Laune der Dressur-Königin deutlich besser.

«Das Pferd ist mit so einer Prüfung noch nie unter 80 Prozent rausgegangen, ich verstehe es nicht», klagte die Reiterin. «77 Prozent bei einer Richterin, das sage ich ganz deutlich, das ist nicht nachvollziehbar – Punkt!»

Mit dem Ritt selber «war ich sehr, sehr zufrieden», mit der Bewertung nicht. «Ich finde nicht, dass sie überbewertet ist», sagte sie sarkastisch. Sie hoffe, «dass es für die Mannschaft reicht. Wir liegen im Moment an dritter Stelle», sagte Werth unmittelbar nach ihrem Ritt – und konnte da noch nicht wissen, dass der Brite Carl Hester später so schwach ritt, dass er das Streichresultat lieferte.

Als «schon frech» bezeichnete Equipe-Chef Klaus Roeser die Bewertung einer französischen Richterin. Diplomatischer äußerte sich die Bundestrainerin. «Ich sehe das anders», meinte Monica Theodorescu. Das Ergebnis fand sie «nicht richtig. Ich hatte schon gedacht, dass es über 80 Prozent geht.» Den Ärger der Reiterin konnte sie nachvollziehen, sie nahm Werth in Schutz. «Das ist in der Emotion, wenn man aus der Prüfung kommt, normal», sagte die Trainerin der Nationalmannschaft.

Starke Kür von Doppel-Olympiasiegerin

Der Ärger war spätestens nach dem Ritt von Jessica von Bredow-Werndl verraucht. Die 35 Jahre alte Reiterin aus Tuntenhausen sorgte mit dem Ritt im Sattel von Dalera für die Entscheidung. Die Doppel-Olympiasiegerin ritt glänzend, erhielt überragende 84,099 Prozent und sagte: «Das ist mega, ich bin total happy.»

Die erfolgreichste deutsche Sportlerin in Tokio glänzte in Hagen erneut. Nach Werths Ergebnis habe sie gedacht: «Hoffentlich schaffen wir das.» Nach ihrem eigenen Ritt war die 35-Jährige «erleichtert», auch weil ihr Pferd «wieder in Form» ist. Am Donnerstag winkt ihr weiteres Gold im Einzel.

Am Vortag hatte das Gastgeber-Quartett nach den Ritten von Helen Langehanenberg (Billerbeck) mit Annabelle und Dorothee Schneider (Framersheim) mit Faustus nur auf Rang zwei gelegen. Schneider musste Faustus reiten, weil ihr Toppferd angeschlagen ist. «Der Ausfall von Showtime tut schon weh», sagte Werth.

Von Michael Rossmann, dpa