28. März 2024

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Djokovic verteidigt Vater nach Finaleinzug in Melbourne

Nach den Oberschenkel-Problemen steckt Novak Djokovic auch das Theater um seinen Vater weg und zieht ins Australian-Open-Finale ein. Dort will er Nadals Rekord. Stefanos Tsitsipas hat etwas dagegen.

Beim Jubel über den Finaleinzug blickte Novak Djokovic auf den leeren Sitz in seiner Box, und so schickte der serbische Tennisstar seinem ferngebliebenen Vater eine emotionale Grußbotschaft ins Hotel.

«Ich weiß, dass es ohne meine Familie und mein Team nicht möglich wäre», sagte Djokovic im Sieger-Interview in der Rod Laver Arena: «Es ist genauso ihr Erfolg wie es meiner ist. Sie sind in guten und schlechten Momenten bei mir.»

Und in diesem schlechten Moment für Srdjan Djokovic, der wegen eines Vorfalls mit einer pro-rusisschen Zuschauer-Gruppe auf einen Stadionbesuch bei den Australian Open am Freitag lieber verzichtet hatte, stand sein Sohn zu ihm. Auch wenn das Thema seine Vorbereitung auf den 7:5, 6:1, 6:2-Halbfinalsieg gegen den US-Amerikaner Tommy Paul störte – und vielleicht auch noch sein Finale bei der Rekord-Mission am Sonntag (9.30 Uhr MEZ/Eurosport) gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas begleiten könnte. 

«Missinterpretation eskaliert»

«Natürlich ist es für mich nicht angenehm», sagte Djokovic auch mit Blick auf den Einreise-Wirbel wegen einer fehlenden Corona-Impfung vor einem Jahr: «Es ist nichts, was ich will oder brauche.» Doch der Serbe verteidigte seinen Vater vehement: Die Situation sei wegen einer «Missinterpretation eskaliert», sein Vater «von den Leuten missbraucht» worden. «Ich kann ihm deswegen nicht böse sein.» Der 21-malige Grand-Slam-Turniersieger stellte klar: «Wir sind gegen den Krieg.» Sein Vater, seine Familie und er selbst hätten «während der 90er-Jahre mehrere Kriege durchgemacht».

Ein Video im Internet nach dem Viertelfinalsieg von Djokovic gegen den Russen Andrej Rubljow hatte für Aufsehen gesorgt. In dem war zu sehen, wie der Vater des Tennisstars im Melbourne Park hinter einer russischen Flagge mit einem Porträt von Russlands Präsident Wladimir Putin posiert. Neben ihm steht ein Mann mit einem T-Shirt mit dem Zeichen «Z», das als Symbol der Unterstützung Russlands einschließlich der Invasion in die Ukraine gilt. Srdjan Djokovic bedauerte die Aufregung in einer Stellungnahme und erklärte, er habe nur Fotos mit Fans seines Sohnes machen wollen.

Djokovic sagte, er hätte seinen Vater in seinem insgesamt 33. Grand-Slam-Finale «gerne wieder dabei». Bei seiner Rekord-Mission kann ihn nur noch Tsitsipas stoppen. Der 24 Jahre alte Grieche machte durch ein 7:6 (7:2), 6:4, 6:7 (6:8), 6:3-Sieg gegen den Russen Karen Chatschanow sein zweites Grand-Slam-Finale perfekt. 

Stimmung im Finale garantiert

Stimmung ist angesichts der lautstarken serbischen und griechischen Fans im Melbourne Park garantiert. Tennis-Geschichte wird in jedem Fall geschrieben: Tsitsipas kann sich zum ersten griechischen Grand-Slam-Turniersieger küren, Djokovic mit seinem 22. Triumph bei einem Major-Turnier den Rekord des Spaniers Rafael Nadal einstellen. 

Dass der Sieger obendrauf den verletzt abwesenden Spanier Carlos Alcaraz als Nummer eins der Weltrangliste ablöst, macht das Duell noch interessanter. «Auf jeden Fall», sagte Djokovic. Das sieht auch Tsitsipas so, der 24-Jährige brüllte nach seinem Halbfinalsieg an die Fans gerichtet ins Mikrofon: «Lasst es uns tun, Leute! Lasst es uns angehen!»

Beide Kontrahenten standen sich schon im French-Open-Finale 2021 gegenüber, damals drehte Djokovic einen 0:2-Satzrückstand noch in einen Sieg. Dass Djokovic nicht unschlagbar ist, deutete sein Halbfinale zumindest zeitweise an. Wegen seiner Oberschenkelverletzung nahm er auf der Bank Schmerztabletten, nach Ballwechseln ging er auch mal in die Knie, und er motzte mit dem Schiedsrichter.

«Irgendwas stimmt heute nicht», sagte Eurosport-Experte Boris Becker zu Beginn des Matches, sein Ex-Schützling sei «irgendwie gereizt, sehr sensibel». Das sei aber auch kein Wunder: «Es sind viele Nebenkriegsschauplätze, die ihn in seiner Konzentration stören.»

Auch das Finale der Damen an diesem Samstag (9.30 Uhr MEZ/Eurosport) dürfte von politischen Diskussionen begleitet werden. Die Belarussin Aryna Sabalenka kann als erste Spielerin ein Grand-Slam-Turnier unter neutraler Flagge gewinnen. Ihre Gegnerin ist eine gebürtige Russin: Jelena Rybakina, die seit 2018 für Kasachstan startet und der Nation in Wimbledon im vergangenen Juli den ersten Grand-Slam-Turniersieg beschert hatte.

Jörg Soldwisch, dpa