20. April 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Die Wagners und das unsichere Weihnachten in der NBA

Dutzende Basketballer in der NBA stehen auf der Coronaliste, Teams spielen teilweise mit dem Minimum an einsatzfähigen Basketballern. Auch das einzige deutsche Brüderpaar in der Geschichte der NBA ist von der jüngsten Welle betroffen. Wie Weihnachten wird, ist unklar.

Wie das so wird an Weihnachten, das weiß Franz Wagner noch nicht so richtig. Mutter Beate und Vater Axel wollen Heiligabend mit ihren beiden Söhnen in Florida verbringen, neben dem erst 20 Jahre alten Franz spielt auch sein Bruder in der NBA bei den Orlando Magic.

Ein deutsches Brüderpaar in der besten Basketball-Liga der Welt gab es noch nie, schon gar nicht beim gleichen Team. Der vier Jahre ältere Moritz steht allerdings seit vergangener Woche auf der Coronaliste der NBA.

Ausfälle durch Corona häufen sich

Das Virus erwischt auch in den USA in allen Teilen der Gesellschaft zunehmend geimpfte Menschen und hat in der NBA zu gestiegenen Ausfallzahlen und mehreren Spielabsagen geführt. Die Regeln sind längst wieder verschärft, das Test-Regime hat zugenommen. Ob die Familienzusammenkunft klappt wie geplant, das ist unklar nach dem Sieg der Magic gegen die Atlanta Hawks. «Hoffentlich. Müssen wir mal gucken. Die sind auf jeden Fall auf dem Weg», sagt Franz Wagner.

Kurz zuvor hat er mit 25 Punkten eines der besten Spiele seiner noch jungen NBA-Karriere abgeliefert, seinem durch Corona-Ausfälle dezimierten Team zum 104:98 gegen die ebenfalls gebeutelten Hawks verholfen und sich von all dem kein bisschen in seiner Konzentration stören lassen. «Es gibt natürlich viel Ablenkung, und das meiste ist, dass man Angst hat, dass man es selber irgendwie hat», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Aber wir testen jeden Tag zwei, dreimal, und sobald dann das Spiel los geht, vergesse ich das eigentlich recht schnell und probiere, das Spiel zu gewinnen.»

Oft ist das den Magic in dieser Saison noch nicht gelungen, erst sieben Mal hat die junge Mannschaft den Platz als Sieger verlassen. Kein Profisportler verliert gerne, und auch die Wagner-Brüder laufen nach Niederlagen tendenziell schlecht gelaunt aus der Halle – egal ob das vor den eigenen Fans in Florida oder wie neulich bei den Niederlagen in Los Angeles gegen die Clippers und die Lakers der Fall ist. Moritz aber ist schon in seinem fünften NBA-Jahr, hat nach seinem Debüt bei den Lakers auch für die Washington Wizards und für einige Wochen für die Boston Celtics gespielt und entsprechend mehr Erfahrung mit der Schnelllebigkeit in der NBA. Damit hilft er nun auch seinem Bruder in Orlando.

«Man muss sich, glaube ich, ein bisschen von den Ergebnissen lösen. Das klingt jetzt etwas kitschig, aber nicht alles so ernst nehmen, Tag für Tag den Prozess irgendwie genießen und das ist das wichtigste», sagte Moe, wie sie ihn in den USA nennen, als er neulich in Los Angeles durch die immer enger werdenden Gänge des Staples Centers zum Bus lief. «Natürlich müssen wir versuchen, Spiele zu gewinnen. Ich mag das auch nicht, wenn man sagt, man entwickelt. Man entwickelt sich ja nur, wenn man versucht zu gewinnen. Aber in so einer Liga mit 82 Spielen, wenn du da jeden Tag deine ganzen Emotionen auf Gewinnen und Verlieren packst, dann kannste nicht schlafen.»

Moritz Wagner läßt Melancholie zu

So emotional Moritz Wagner auf dem Platz ist, wenn ihn Trainer Jamahl Mosley dann mal spielen lässt und die Fähigkeiten des Berliners nutzen will, so reflektiert kann er über das Geschäft reden. Er weiß, dass er zusammen mit seinem Bruder in einer Umgebung arbeitet, die die allerwenigsten Basketballspieler auf diesem Planeten wirklich kennenlernen dürfen. «Ich mag es sehr, allein in der Halle zu sein und zu trainieren. Wenn man nicht diesen Glamour hat, sondern die Stille, aber zu wissen, dass man jetzt in einer NBA-Halle ist», erzählt er. «Das genieße ich schon sehr. Das sind Momente, wo ich manchmal stoppe und die Melancholie zulasse.»

Auch Franz Wagner kennt noch die Trainingshalle bei Alba Berlin, die schon im Vergleich zu den Einrichtungen am College in Michigan nicht mehr mithalten konnte. «Ich glaube, man gewöhnt sich sehr, sehr schnell dran. Aber dadurch, dass wir diese andere Sicht haben, haben wir gelernt, es sehr wertzuschätzen», sagt er. «Wir haben hart gearbeitet, aber da ist auch viel Glück dabei, dass das passiert. Deswegen probieren wir das so lange zu genießen, wie es geht. Das machen wir auch.» Auch wenn gerade alles ein bisschen komplizierter ist.

Von Maximilian Haupt, dpa