Trotz des vorzeitigen Gruppensieges in der EM-Qualifikation herrscht bei den deutschen Handballern keine Jubelstimmung. Der schwache Auftritt beim glücklichen 32:32 (11:14) gegen die Schweiz hat beim Olympia-Zweiten Spuren hinterlassen und sorgt vor dem anstehenden Heimspiel gegen die Türkei am Sonntag in Stuttgart für reichlich Frust und Selbstzweifel.
„Abgesehen von den letzten zehn Minuten kann ich dem Spiel nicht viel Gutes abgewinnen. Es war nicht in Ordnung von uns, wie wir über weite Strecken gespielt haben, weil wir die Zweikämpfe überhaupt nicht so annehmen, dass wir den Gegner vor Probleme stellen“, übt Kapitän Johannes Golla heftige Kritik an der Mannschaftsleistung.
Auch Juri Knorr, der die DHB-Auswahl mit einem verwandelten Siebenmeter zwei Sekunden vor Schluss vor der ersten Niederlage in der EM-Ausscheidung seit zehn Jahren bewahrt hat, zeigt sich unzufrieden mit der laxen Herangehensweise. „Wir haben zu lange gebraucht, um ins Spiel zu finden und es zu gewinnen. Das müssen wir uns vorwerfen lassen“, sagt der Spielmacher und fügt hinzu: „Es ist natürlich ein schwieriger Zeitpunkt am Ende der Saison. Aber es ist immer eine Ehre, für die Nationalmannschaft zu spielen. Da müssen wir einfach bereit sein.”
Im DHB-Team gibt es viel Gesprächsbedarf. Mit Blick auf die Europameisterschaft, die vom 15. Januar bis 1. Februar 2026 in Dänemark, Schweden und Norwegen stattfinden wird, hat die Mannschaft einiges aufzuarbeiten. „Das war ein Schuss vor den Bug. Daraus müssen wir unsere Schlüsse ziehen“, äußert sich DHB-Sportvorstand Ingo Meckes.
Bereits bei der WM im Januar hatte die deutsche Mannschaft oft die erste Halbzeit verschlafen, ein Phänomen, für das Bundestrainer Alfred Gislason noch keine plausible Erklärung gefunden hat. Um seine Schützlinge zu motivieren, erhöht der 65-Jährige vor dem Spiel gegen die Türkei den Druck: „Das muss besser werden und wird ein Kampf um Spielzeit und künftige Nominierungen. Jeder muss zeigen, dass er sich konzentrieren kann – auch gegen die Türkei.”
Der enttäuschende Auftritt in Zürich hat auch die Laune des Bundestrainers sichtlich gedrückt. „Die erste Halbzeit war extrem schlecht. Da sind wir überhaupt nicht ins Spiel gekommen. Der eine oder andere ist viel zu locker in die Partie gegangen“, kritisiert Gislason. Acht technische Fehler und neun Fehlwürfe in den ersten 30 Minuten belegen dies.
Golla sieht auch Defizite in der mentalen Einstellung als Ursache für die schwache Leistung. „Wir dürfen Gegner, die von ihrer Qualität vielleicht nicht mit uns auf gleicher Augenhöhe sind, nicht über den Kampf ins Spiel kommen lassen. Wir müssen einfach das Niveau an Intensität mitgehen und dürfen uns nicht von der Härte beeindrucken lassen“, fordert der Kreisläufer.
Statt nur zu reden, müssen nun Taten folgen, fordert der DHB-Kapitän. „Wir sagen immer, dass wir daraus lernen müssen. Eigentlich sind wir zu gut, so etwas zuzulassen. In Zürich haben wir uns selbst in eine sehr knifflige Situation gebracht und am Ende einen glücklichen Punkt geholt“, sagt Golla und gibt die Marschroute für das letzte Länderspiel in dieser Saison vor: „Das Spiel gegen die Türkei wollen wir besser gestalten und uns mit einem guten Gefühl bis Oktober voneinander verabschieden.”
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