19. April 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Der Freiwasser-König: Wellbrock holt Fünf-Kilometer-Gold

Florian Wellbrock tilgt einen weiteren weißen Fleck in seiner Erfolgsvita. Gleich bei seinem ersten WM-Rennen über fünf Kilometer setzt er sich durch.

Gelöst und stolz wie nie zuvor während der WM-Tage von Budapest nahm sich Weltmeister Florian Wellbrock auf dem Siegerpodest Zeit für ein Selfie.

Fröhlich posierte der Gewinner von nun vier Medaillen bei den Ungarn-Weltmeisterschaften mit Gregorio Paltrinieri und Mychajlo Romantschuk – den weiteren Edelmetall-Schwimmern über fünf Kilometer im Freiwasser. Zuvor hatten sich die drei Kumpels innig umarmt. «Das erste Einzel-Gold ist doch etwas Besonderes, weil man es zu 100 Prozent aus eigener Kraft erreicht hat», sagte Wellbrock am Tag nach dem Staffel-Titel.

Bei 26,7 Grad im sehr warmen Lupa-See am äußeren Stadtrand von Budapest hatte sich der Magdeburger von Beginn an wohlgefühlt. «Das sind meine Bedingungen, ich habe gemerkt, dass etwas geht», sagte Wellbrock. Trainer Bernd Berkhahn betonte, dass die Taktik zu 100 Prozent aufgegangen sei. «Mischa sollte die ersten Meter Tempo machen, Florian aus seiner ungünstigen Startposition schnell an ihn und Gregorio heranschwimmen und dann sollte Druck gemacht werden. Das habe ich auf fünf Kilometern so noch nie gesehen, dass es ein Ausscheidungsschwimmen war», lobte der Coach.

Spezieller Moment

Wellbrock freute sich nicht nur über seinen Sieg, sondern auch über die Erfolge der anderen Medaillengewinner. «Mischa» Romantschuks Bronze sorgte dabei für einen speziellen emotionalen Moment. Der Ukrainer, der wegen des Krieges in seiner Heimat mit Wellbrock in Magdeburg trainiert, wurde von seiner Mutter, Schwester und weiteren Familienangehörigen aus der Ukraine frenetisch gefeiert. «Um ehrlich zu sein: Es standen genau die Leute mit mir auf dem Podium, die ich mir da gewünscht hatte», sagte Wellbrock, der am See nur seine Frau Sarah vermisste. «Sie muss auf unseren Hund aufpassen», sagte er lachend.

Drei Medaillen, darunter zwei goldene, innerhalb von 38 Stunden – viel mehr geht nicht. «Wenn er die 1500 Meter im Becken auch so mutig und gelöst geschwommen wäre, hätte es dort auch noch anders laufen können», sagte Berkhahn und erzählte, dass man auch psychologisch mit Wellbrock arbeite. «Wenn man ihn vor dem Rennen in die richtige Stimmung bringt, ist vieles möglich.» Über die längste Beckendistanz hatte Wellbrock Bronze, über 800 Meter Freistil Silber geholt.

Jetzt zehn Kilometer

Auch für die zehn Kilometer am Mittwoch sehen Berkhahn und sein Schützling nun gute Chancen. «Als Titelverteidiger und Olympiasieger sollte man da zu den Favoriten gehören», sagte Wellbrock, dessen WM-Vorbereitung etwas gestört war. «Ich musste mir die Weisheitszähne ziehen lassen, durfte zehn Tage nicht trainieren. Das ist natürlich vor einer Weltmeisterschaft nicht optimal», sagte der 24-Jährige.

Im Freiwasser war von fehlender Fitness nichts zu sehen. Wellbrock kann diese Disziplin noch über Jahre bestimmen. «Freiwasserschwimmen ist ja eine reine Ausdauersportart. Ich denke, wir werden noch viele Meisterschaften erleben. Vorausgesetzt, Flo will das auch», kündigte Berkhahn noch einige Wellbrock-Medaillen für die Zukunft an.

Beck Vierte

Leonie Beck verfehlte eine Medaille ganz knapp. Die 25-Jährige schlug im Fünf-Kilometer-Rennen im Lupa-See nach 57:56,2 Minuten an und belegte damit den vierten Platz. Gold sicherte sich die brasilianische Olympiasiegerin Ana Marcela Cunha, die sich im Fotofinish gegen Aurélie Muller aus Frankreich durchsetzte. Bronze ging an Giulia Gabbrielleschi aus Italien. Zum Podium fehlten Beck 1,3 Sekunden.

«Leider ist es Platz vier geworden, aber wichtig sind in zwei Tagen noch die zehn Kilometer», sagte Beck, die etwas zu spät angegriffen hatte. Bei den vergangenen Weltmeisterschaften in Südkorea hatte sie über fünf Kilometer Bronze gewonnen. Am Sonntag war die 25-Jährige Teil der deutschen Staffel, die Gold holte. Die zweite deutsche Starterin Jeannette Spiwoks wurde Neunte.

Von Gerald Fritsche und Thomas Eßer, dpa