19. April 2024

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Debatte um Test-Manipulation bei Olympia entzündet

Corona dämpft die Vorfreude auf Olympia. Es geht auch um die Sorge vor möglichen Manipulationen von PCR-Tests sowie unklaren Testverfahren. Im deutschen Team herrscht keine Einigkeit.

Knapp einen Monat vor den Olympischen Winterspielen in Peking hat sich im deutschen Team eine Debatte um die angeblich mögliche Manipulationen von Corona-Tests entzündet.

Nachdem Alpinchef Wolfgang Maier in der ARD derartige Befürchtungen geäußert hatte, widersprach Skiverbandspräsident Franz Steinle deutlich. «Da liegen uns überhaupt keine Erkenntnisse vor. Wir wüssten ehrlich gesagt auch nicht, mit welcher Intention so etwas geschehen sollte», sagte Steinle beim Biathlon-Weltcup in Oberhof.

Maier hatte ausgeführt, mit einem PCR-Test könne jeder sportliche Gegner sofort «aus dem Rennen» genommen werden. «Es braucht mir keiner sagen, dass das jetzt ein Hirngespinst von mir ist, weil man weiß, um was es geht», sagte Maier und sprach von «Willkür». Der 61 Jahre alte Funktionär im DSV sieht die Gefahr, wenn es heiße: «Hey, du bist positiv, dann gehst du raus. Mit den Tests sind Tür und Tor geöffnet für alles.»

Maier besorgt über Standards

Ein Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees verwies am Sonntag auf die strengen und klar definierten Regeln bei der Testentnahme und -Auswertung. IOC-Präsident Thomas Bach sagte im Interview der «Welt am Sonntag» auch mit Blick auf die vergangenen Sommerspiele vor knapp einem halben Jahr in Tokio: «Das Testsystem funktioniert im Wesentlichen wie schon in Japan, wo es diese Sorge auch gab. Bei positiven Tests gibt es Verifizierungstests, um eine Infektion endgültig und zweifelsfrei festzustellen.»

Maier bereiten mutmaßlich unklare Standards bei Testverfahren Sorgen. «Die setzen CT-Werte von 40 an, du bist komplett ausgeliefert, weil man nicht weiß, wie sie testen, ob es wirklich deine Tests auch wirklich sind», beklagte Maier. Der CT-Wert eines PCR-Tests gibt Aufschluss darüber, ob ein mit dem Virus infizierter Mensch ansteckend ist. Je höher der CT-Wert, desto geringer die Infektionsgefahr. Das Robert Koch-Institut empfiehlt eine «Entisolierung» betroffener Personen ab einem CT-Wert von 30.

Steinle äußerte dazu, «nach Rücksprache mit den Verantwortlichen» beim Deutschen Olympischen Sportbund und IOC sei davon auszugehen, «dass die notwendigen Absprachen auf Experten-Ebene getroffen werden, so dass wir mit klaren Regeln und klaren Vorgaben in die Olympischen Spiele gehen können».

Athleten sorgen sich

Der frühere Skistar Felix Neureuther äußerte dagegen große Bedenken. «Es weiß, Stand jetzt, noch keiner Bescheid, wie es wirklich ablaufen wird», sagte Neureuther und bemängelte die «fehlende Sicherheit» für Athletinnen und Athleten. «Man kann das Ganze auch noch weiterspinnen: Dopingproben werden in Sotschi vertauscht. Wie ist das mit PCR-Tests?». Bei den Winterspielen 2014 in Russland waren im großen Stil und staatlich angeordnet positive Dopingproben vertuscht worden.

Für die Sportlerinnen und Sportler kommt die Sorge vor einer möglichen Quarantäne hinzu. Rennrodler Tobias Arlt, der sich nach einem positiven Test im November in Peking in Isolation hatte begeben müssen, schockierte mit Kakerlaken-Bilder aus dem Hotel. «Ich muss auch ehrlich sagen, dass es eine Horrorvorstellung ist, in Peking einen positiven Corona-Test zu haben», sagte Skeleton-Weltmeister Christopher Grotheer anschließend.

Kirchner optimistischer

«Die kritisierten Maßnahmen werden korrigiert», äußerte dagegen Bach. Niemand, der einen positiven Test abgegeben habe, aber asymptomatisch sei, müsse in ein Krankenhaus, sondern könne in einem angemessenen Hotel seine Quarantäne absolvieren, erklärte Bach.

Optimistischer blickt Biathlon-Bundestrainer Mark Kirchner auf das Mega-Event in Peking. «Die Reise selbst, die Unterkunft, die Trainingsstätte und auch die Abwicklung der Tests, die sie gemacht haben, das hat alles super funktioniert», sagte er zu Erkenntnissen einer Delegationsreise. Dies sei wichtig, an Sportler weiterzutragen. Denn um Top-Leistungen abzurufen, bräuchten sie «freie Nischen» im Kopf, die nicht mit Dingen von außen gefüllt werden sollten.

Von Jordan Raza, dpa