28. März 2024

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Debakel vor dem Derby: Hertha ohne Qualität und Optionen

Au Backe! Hertha BSC liegt am Boden. Wie es besser werden soll, ist unklar. Immerhin: Der Manager hält zum Trainer, der Trainer hält zur Mannschaft. Die muss im Derby am Samstag unbedingt liefern.

Josh Wander kann sich nun sicher sein. Dass Hertha BSC ein akuter Sanierungsfall ist, sah der Boss des Finanzriesen 777 Partners beim Trostlos-Auftritt der Berliner gegen den VfL Wolfsburg als Augenzeuge im tristen, grauen Olympiastadion.

0:5. Abstiegsplatz 17. Kein Argument für irgendeine Hoffnung. Das war es, was der Gast aus dem Sonnenstaat Florida bei lausiger Kälte bei seinem Premierenbesuch in Berlin geboten bekam. Auf einem in den sozialen Netzwerken kursierenden Bild sieht Wander – dekoriert mit einem blau-weißen Fanschal – nicht gerade glücklich aus.

Dem sich anbahnenden Millionen-Investment der Amerikaner beim Hauptstadt-Club als Nachfolger des gescheiterten Lars Windhorst mag all dies keinen Abbruch tun. Das Unternehmen hat zum Beispiel auch beim CFC Genua in Italien schon Zweitklassigkeit erduldet. Wander muss auch keine Sorge haben, in ein fallendes Messer zu greifen. Die Hertha liegt schon am Boden. 

Wolfsburg-Coach Kovac optimistisch

Fußball-Liebhaber, die schon länger ein Faible für die Hertha haben, wurde aber mal wieder Angst und Bange. Niko Kovac, der Trainer der im Torrausch durch die Bundesliga fliegenden Wolfsburger, zum Beispiel. Geboren im rauen Wedding, wo die Hertha eine emotionale Heimat hat. «Natürlich kann ich die Tabelle auch lesen, aber ich bin überzeugt, dass Hertha das in diesem Jahr wie im letzten Jahr auch schaffen kann, ich drück auf jeden Fall die Daumen», sagte der Ur-Berliner über seinen «Heimatverein». Helfen wolle er auch, sagte Kovac und zwar mit Wolfsburger Siegen gegen Herthas Konkurrenten im Abstiegskampf.

Sein Kollege Sandro Schwarz nahm dieses Versprechen mit einem Blick zwischen Dankbarkeit und Verzweiflung zur Kenntnis. Hinbekommen muss er es letztlich aber selbst. Und zwar schnell. Am Samstag steht zum Rückrundenauftakt das Derby gegen den dauer-erfolgreichen Stadtrivalen 1. FC Union an. Eine weitere Demütigung gegen die Eisernen würde die lange zelebrierte Aufbruchstimmung seit der bestandenen Relegation im Mai und dem Ruhe bringenden Engagement von Basis-Präsident Kay Bernstein zerbröseln lassen. 

Die Fans wären zumindest sinnbildlich – im schlimmsten Fall sogar tatsächlich – wieder auf den Barrikaden, wenn im Duell Blau gegen Rot wieder nichts funktioniert. Auf Transparenten in der Ostkurve prangte der Wunsch nach «Identität» statt «Dollarscheinen». Bernstein nippte auf der Ehrentribüne an einem Coffee-to-go-Becher und sah ziemlich deprimiert aus. 

Schwarz (noch) nicht gefährdet

Eine Sorge hat Schwarz (noch) nicht. Es geht nicht um seinen Job. Obwohl seine Bilanz mit 14 Punkten aus 17 Spielen keinesfalls besser ist als die der in der vergangenen Saison von Geschäftsführer Fredi Bobic flott beurlaubten Übungsleiter Pal Dardai und Tayfun Korkut. «Ganz großes Vertrauen, weil er absolut und nicht mal ansatzweise zur Diskussion steht. Ich sehe, wie er arbeitet und was er macht», sagte Bobic über Schwarz. 

Fakt ist aber auch: Die Hertha kann sich aus ökonomischen Gründen einen Trainerwechsel wie im Vorjahr zu Retter-Veteran Felix Magath gar nicht leisten. Noch ist nämlich kein frisches Wander-Geld da und wenn es kommt, müssen die Berliner Löcher stopfen. «Wir ziehen voll durch», versprach Bobic.

Schwarz sagte, es blieb ihm auch nichts anderes übrig, was er schon lange sagt. Er glaubt an seine Mannschaft, an seine Spieler, denen offensichtlich ein Anführer fehlt und die immer wieder schnell jede Orientierung verlieren. «Wir hätten es uns anders gewünscht.  Das tut weh, das muss auch weh tun», beschrieb Schwarz die Lage. Es gehe «dennoch darum, mit dem Tiefschlag so umzugehen, dass du bereit bist am Samstag. Das hört sich bescheuert an und ich weiß, dass die Gefahr ist, sich zu wiederholen, aber es ist die Realität, die Zuversicht zu haben, nicht in Untergangsstimmung zu verfallen.»

Arne Richter und Thomas Flehmer, dpa